Triode Amp

Von Andre Adrian, DL1ADR
Version 2024-08-07

Einleitung

Niederfrequenzverstärker gibt es in allen möglichen Bauweisen. Eine sehr frühe Bauweise ist mit Triode. Die Triode ist eine Elektronenröhre mit drei Elementen, der Kathode, dem Gitter und der Anode. Nach der Diode war die Triode die zweite Elektronenröhre welche ab ungefähr 1906 gebaut wurde. Trioden wie die bekannte ECC83 oder 12AX7 werden heute noch hergestellt. Wie die anderen Verstärkerbauteile hat die Triode ihre Vorteile und Nachteile. Der größte Vorteil ist ihre Kennlinie, d.h. die Abbildung von Eingangssignal auf Ausgangssignal. Kein Verstärkerbauteil ist linear. Linear bedeutet: das Ausgangssignal hat die gleiche Form wie das Eingangssignal und ist "stärker". Die Triode ist "am nächsten dran" am linearen Ideal. Ein Nachteil der Triode ist der schlechte Wirkungsgrad. Nach meiner Meinung genügen 2 Watt Ausgangsleistung für das Musik Hören in einem normalen Wohnzimmer. 2 Watt lassen sich günstig mit Triode erzeugen. Frank Kneifel hat seinen Pentode Verstärker mit seinem Triode Verstärker verglichen und schreibt: "so kann vom Frequenzgang und vom Klirrverhalten die Pentode [ohne Gegenkopplung] der Triode ohne Gegenkopplung nicht das Wasser reichen. Schwankungen im Impedanzverlauf des Lautsprechers wirken sich bei der Pentode bedeutend stärker aus als bei einer Triode."

Beim "Black Cat" Röhrenverstärker der TU Berlin in Kapitel "Endstufe in Differenzverstärkerschaltung" wurde genau untersucht was die Erfolgsfaktoren eines guten Verstärkers sind: "Weiterhin wirkt die Gegenkopplung bei feinerer Betrachtung nicht unmittelbar, sondern um die Laufzeit durch den Verstärker verzögert, das zurückgeführte Ausgangssignal kommt somit immer 'ein wenig zu spät'. Bei hohen Gegenkopplungsgraden entstehen dadurch vermehrt Frequenzanteile, die im ursprünglichen Audiosignal nicht enthalten waren, die sogenannten Intermodulationsprodukte. Da diese keinen gerad- oder wenigstens ganzzahligen Bezug zum Originalsignal haben, werden sie schon in geringsten Intensitäten vom Ohr wahrgenommen und als störend empfunden. Nach unserem heutigen Kenntnisstand darf vermutet werden, daß diese als Unschärfe bzw. Intransparenz oder als ein sich vor das Klangbild legender Schleier empfunden werden." Deshalb gibt es bei meinen Amps auf dieser Seite keine über alles wirkende Gegenkopplung. Der Vorteil ist ein guter Höreindruck, der Nachteil sind schlechte Meßwerte bei Klirrfaktor oder THD (Total Harmonic Distortion).

Die meisten hier beschriebenen Verstärker benutzen Triode in allen Stufen, in der Vorstufe, der Treiberstufe und der Endstufe. Die Endstufe arbeitet in Klasse A, entweder "Single Ended" (SE) oder Gegentakt (Push-Pull, PP). Klasse A hat wieder Vorteile und Nachteile. Ein Vorteil ist der einfache Aufbau des Verstärkers bei SE und keine Übernahmeverzerrung bei PP. Ein weiterer Vorteil ist, daß die gemittelte Stromaufnahme gleich bleibt - egal ob der Verstärker leise oder laut spielt. Ein Nachteil ist wieder der schlechte Wirkungsgrad.

Einige Verstärker benutzen die Ultra-Linear Schaltung in der Endstufe. Ultra-Linear benötigt einen Ausgangsübertrager mit Anzapfungen der Primärwicklung bei 40% bis 50% der Windungszahl. Die Anzapfung bei 43% der Windungszahl oder 18,5% der Impedanz wird im US Patent 2710312 beschrieben. Ultra-Linear liefert eine maximale Ausgangsleistung zwischen der niedrigeren Triode-Schaltung und der höheren Pentode Ausgangsleistung. Ultra-Linear liefert weniger Verzerrung als Triode-Schaltung. Das folgende Diagramm aus dem "GEC KT88 circuit supplement" von 1958 zeigt die Intermodulation bei den zwei Frequenzen 50Hz und 6000Hz mit Amplitudenverhältnis 4 zu 1:


Das Bild zeigt die geringste Intermodulation bei den "magischen" 43%. Zwischen 33% und 57% ist die Ultra-Linear Leistung noch gut. Das Diagramm zeigt auch, daß bei gleicher Ausgangsleistung Triode-Schaltung der Pentode überlegen ist. Leider habe ich bis jetzt kein ähnliches Diagramm zum Intermodulations-Verhalten der Acoustical QUAD Schaltung oder der McIntosh Unity-Coupled Schaltung gefunden. Der beste Klang bei meinen Verstärkern entsteht durch eine Kombination von Ultra-Linear mit meiner Variante von QUAD bzw. Unity-Coupled.

Eine Triode gibt es entweder direkt geheizt oder indirekt geheizt und mit kleinem Spannungsverstärkungsfaktor mu oder mit großem mu. Die bekannte ECC83 ist eine indirekt geheizte Triode mit großem mu. Im Detail sind bei der ECC83 zwei Trioden in einem Glasgehäuse, eine Dual-Triode. Low-mu Trioden können bessere Linearität als high-mu Trioden haben. High-mu Trioden arbeiten oft mit kleinem Anodenstrom in der Vorstufe und low-mu Trioden wie die ECC81 oder12AT7 arbeiten mit höherem Anodenstrom in der Treiberstufe. Dual-Trioden wie die ECC99 werden sogar als Endstufe bei Kopfhörerverstärkern oder Verstärkern kleiner Leistung benutzt. Die ECC99 ist übrigens erst ab 1999 auf dem Markt. Von Tube-Town gibt es etliche Verstärker-Bausätze. "Jim" ist ein Single Ended EL84 Verstärker, "5F1" und "5F2" sind SE mit 6V6, "TT66" ist SE mit KT66, "Jim HP" ist SE mit EL34. Gegentakt mit ECC99 als Endstufe und Kathodyn-Schaltung gibt es als "Hot Lukas", "Lummerland Express" und "Emma". Den "üblichen" Gitarrenverstärker mit Gegentakt EL84 und Kathodyn-Schaltung gibt es als "TT 5Ä3 - MKII", mit 6V6 als "5E3", mit 6L6 als "5E3 HiP".

Bei den Röhrenverstärkern wurden ab 1920 die "low-mu" Trioden mit "Interstage" Übertrager-Kopplung durch "high-mu" Trioden mit RC-Kopplung abgelöst. Im zweiten Schritt wurde die Triode als Endröhre durch Pentode abgelöst. Ab den 1950er Jahren war "high-mu" ECC83 und Pentode EL84 in Gegentakt-Schaltung die übliche Ausstattung von günstigen Verstärkern mit mittlerer Leistung von 17 Watt. Thomas Roddam schrieb 1951 im Artikel "Your Loudspeaker" in Wireless World: "we see that the ordinary home, for really good reproduction of symphony music, needs a 10 watt amplifier, but that for speech and chamber music we can get along with only 1 watt".

Die Firma Acoustic Research hat 1955 mit dem AR-1 eine kleine Lautsprecherbox von 1,7 Kubikfuß (48 Liter) Volumen herausgebracht mit ähnlich guter Baßwiedergabe wie eine 5 Kubikfuß (140 Liter) Box. Der Trick ist "acoustic suspension". Der Preis für guten Baß aus kleinem Gehäuse ist schlechter Wirkungsgrad: "it was ten times less efficient than the speakers it challenged" schreibt Lynn Olson in "The art of speaker design". Ein 1 Watt Ausgangsleistung Verstärker produziert genügend Lautstärke für ein (kleines) Wohnzimmer wenn die Lautsprecherbox einen guten Wirkungsgrad hat, d.h. meistens eine große Bassreflex-Box ist. Gemessen wird der Wirkungsgrad als Schalldruckpegel (SPL) in Dezibel (dB). Gute Werte sind ab 93dB.

Eine kleine Warnung: jede Elektronenröhre die ich kenne, ist ein Hochfrequenz-Bauteil und kann als Oszillator mindestens im Kurzwellen-Bereich arbeiten. In einem Niederfrequenz-Verstärker müssen wir der Röhre "erklären" das Hochfrequenz-Spielereien nicht erwünscht sind durch sinnvolle Schaltung und guten Aufbau. Details gibt es an der passenden Stelle. Weiterhin ist Hochfrequenz nicht "logisch" - wenigstens nicht für den Anfänger. Begriffe wie "Schwingbremse" oder "HF-Kurzschluß" einfach annehmen oder eigene Erfahrungen machen. Ich habe die Verstärker während der Entwicklung auf einem Steckbrett aufgebaut und sie funktionieren gut auch bei diesem schlechten Aufbau. Als Funkamateur bilde ich mir natürlich ein, daß ich weiss was ich tue ...

Kleine Geschichte der Röhren HiFi-Verstärker

Wann
Wer
Was
1937
Alan Blumlein
Ultra-Linear Patent mit Single Ended Verstärker
1937
Alan Blumlein
Long-Tail Patent, wichtig für Gegenkopplung über alles
1939
F. Langford-Smith
Radiotron Push-Pull Verstärker mit 6L6 Pentoden
1947
Williamson
Williamson Push-Pull Verstärker mit Trioden-Schaltung der Endröhren
Design for a high-quality amplifier Part 1
Design for a high-quality amplifier Part 2
High-quality amplifier modifications
1948
McIntosh
Unity-Coupled Patent mit AÜ bifilar Wicklung
1949
McIntosh
50W-1 Verstärker
1951
Hafler, Keroes
Unter Namen "Ultra-Linear" Push-Pull Verstärker nach Blumlein Patent
Links siehe hier
1951
Parker
Q.U.A.D. II Push-Pull Verstärker mit AÜ-Wicklung an Kathode
1952
Williamson, Parker
Kritik an Ultra-Linear Idee
1955
W.T.C
Widerlegung der Kritik an Ultra-Linear Idee

Ab spätestens 1939 haben die Push-Pull Verstärker "gewonnen". Kein Wunder bei theoretisch maximalen Wirkungsgrad von 50% bei PP Klasse A Verstärker gegenüber maximal 25% bei SE Klasse A Verstärker. In der Tabelle wird die wichtige Rolle des Ausgangsübertrager deutlich. Weniger klar ist die Diskussion über keine Gegenkopplung, lokale Gegenkopplung und Gegenkopplung über alles zu sehen. Bei Halbleiter HiFi-Verstärker ist der Situation einfach: ohne massive Gegenkopplung über alles klingen diese Verstärker schrecklich, diskrete Operationsverstärker-Schaltung ist üblich. Ohne Gegenkopplung sind nur HiFi-Verstärker mit Trioden oder in Trioden-Schaltung möglich. Ultra-Linear-, QUAD- und Unity-Coupled-Schaltung haben lokale Gegenkopplung zwischen Ausgangsübertrager und Endstufe.

Die Firmen QUAD (Acoustical Manufacturing Company) und McIntosh bauen heute etliche Halbleiter-Verstärker. Beide haben (wieder) Röhrenverstärker im Angebot. Im QUAD QII-Forty und McIntosh MC275 werden KT88 Beam-Tetroden benutzt, eine gute Wahl meiner Meinung nach. Die Hafler und Keroes Firma Acro Products Company produzierte Ultra-Linear Übertrager und ist vom Markt verschwunden. Alan Blumlein ist im Jahr 1942 leider bei einem Flugzeug-Absturz verstorben.

PCL86 Triode Amp

Die PCL86 ist seit 1960 auf dem Markt, die EL84 seit 1953. Die PCL86 war nicht der erste Versuch eine Triode/Pentode Verbundröhre für den Niederfrequenzverstärker im Fernsehempfänger zu entwickeln. Meiner Meinung nach war mit der PCL86 diese Entwicklung zu Ende. Einmal weil die Transistortechnik das Thema Niederfrequenzverstärker ab 1960 übernommen hat. Zweitens, weil für den Massenmarkt die PCL86 das beste Preis/Leistungsverhältnis erreicht hat. Die PCL86 kommt mit weniger Heizleistung als die Vorgänger aus und hat mehr maximale Anodenverlustleistung als die Vorgänger. Die Triode in der PCL86 hat eine Spannungsverstärkung von mu=100 und ist somit mit der ECC83 vergleichbar. Die PCL805 ist eine Triode/Pentode von 1968, entwickelt als Vertikalendstufe für Fernseher. Frank Kneifel hat ausführlich PCL805 Trioden-SE berechnet und getestet.

Der Verstärker läuft mit einer Anodenversorgungsspannung von 45V aus fünf 9V Batterien. Der Pentoden-Anodenstrom ist 2mA. Zusammen mit einem Visaton 4" Lautsprecher  "R 10 S-8" ergibt sich (leise) Zimmerlautstärke. Während ich diesen Artikel schreibe läuft der PCL86 Verstärker als Steckbrettaufbau im Hintergrund. Audioquelle ist ein UKW Empfänger der nur aus einem TDA7088 besteht. Die Heizung erfolgt mit 12V Wechselspannung. Die Heizspannung der PCL86 wird unterschiedlich angegeben, im Philips Datenblatt mit 13V, bei Telefunken mit 14,5V. Die  USA Vergleichröhre der PCL86 ist die 14GW8. Dabei bedeutet 14 eine Heizspannung von 14V. Bei normaler Nutzung, d.h. nicht "Langlebensdauer", sind plus minus 10% Abweichung bei Heizspannung erlaubt.


Das Schaltbild zeigt typischen Stand der Technik bei SE Röhrenverstärker kleiner Leistung mit indirekt geheizten Röhren. Der Arbeitspunkt, d.h. der Anodenstrom ohne Eingangssignal, von Triode U1a wird mit R3 eingestellt. R1 legt das Gitter auf Massepotential. Durch R3 ist die Kathode positiver als das Gitter oder - so wird es üblicherweise beschrieben - das Gitter ist negativer als die Kathode. Durch C1 wird der Kathodenwiderstand R3 für Wechselspannung "unsichtbar". Die Triode U1a arbeitet deshalb ohne Gegenkopplung mit maximaler Verstärkung. Der Anodenwiderstand R2 wandelt die Stromänderung des Anodenstroms in eine Spannungsänderung der Anodenspannung um. Der Wert von R2 ist aus dem PLC86 Datenblatt übernommen worden. Mit C2 wird der Ausgang von U1a auf den Eingang von U1b gekoppelt. Das Gitter von U1b liegt auch auf Massepotential, die Spannung an R2 ist deutlich größer. Der Arbeitspunkt von Triode U1b wird mit R5 eingestellt. C3 erfüllt die gleiche Aufgabe wie C1. C3 ist ein Elektrolyt-Kondensator.
U1b ist eine Pentode in Trioden-Schaltung, d.h. Schirmgitter g2 ist mit der Anode verbunden. Einige Personen argumentieren, daß nur "echte" Trioden "richtige" Trioden sind. Das Datenblatt von EL84 und anderen Pentoden zeigt die Triode-Schaltung Kennlinie neben der Pentode-Schaltung Kennlinie. Ich sehe in dieser Triode-Schaltung Kennlinie typisches Trioden-Verhalten, d.h. für mich ist eine Pentode in Triode-Schaltung eine "richtige" Triode. Der Einfluß des Bremsgitter g3 bei Triode-Schaltung ist sehr klein und kann ignoriert werden. Bemerkung: bei PCL86, EL84 und vielen anderen Pentoden ist Bremsgitter intern an Kathode angeschlossen.
L1 und L2 sind der Ausgangsübertrager mit Primärwicklung und Sekundärwicklung. Ich verwende den Hammond 125BSE. Günstiger ist der Tube-Town "TT-OT25BSE". RL simuliert den Lautsprecher und ist Teil der Simulation. Gleiches gilt für V2, die Simulation einer Audioquelle. V1 ist die Anodenbatterie aus fünf 9V Batterien. Bei einer Stromaufnahme von 3mA halten die Batterien lange. Auf den Kondensator C4 kann verzichtet werden. Seine Aufgabe ist der Kurzschluß von hochfrequenten Wechselströmen auf der Versorgungsspannungsleitung. Jedes Stück Draht wirkt als eine Antenne!
Oft wird am Gitter ein Schutzwiderstand von 1 Kiloohm bis 100 Kiloohm empfohlen und am Schirmgitter ein Schutzwiderstand von 100 Ohm. Bei meinem Testaufbau waren solche Schutzwiderstände nicht nötig. Wichtiger sind gute abgeschirmte Kabel zwischen Audioquelle und Verstärker. Wieder einmal habe ich die schlechte Qualität von fertig gekauften abgeschirnten Kabeln bemerkt. Entweder man kauft wirklich gute Qualität für teures Geld oder bastelt sich aus RG178, RG316 oder RG179 Koaxkabel und Stecker selbst gut abgeschirmte Kabel.



Bild: PCL86 Verstärker auf Steckbrett.

Der Aufbau zeigt die PCL86 in der Mitte. Das "Lagerfeuer-Glühen" der Röhre ist zu sehen. Links hinten ist der Hammond 125BSE Übertrager zu sehen. Rechts vorne der TDA7088 UKW Empfänger mit zwei 1,5V Batterien. Es ist ein AM/FM Radioempfänger Bausatz der bei Aliexpress als "Paeansonic CF210SP" angeboten wird. Ich habe nur die Bauteile vom UKW Empfänger eingelötet, nicht den NF-Verstärker mit TDA2822 oder den Mittelwelle Empfänger mit TA7642.

PL508 PCC88 Netzteil

Das Netzteil eines Röhrenverstärker ist für mich eine Abwägung zwischen Sicherheit und Leistung. Die Schutzkleinspannung für Gleichspannung ist 120 Volt. Die Anodenversorungsspannung ist 300 Volt für eine EL84 bei voller Leistung laut Datenblatt. Für einige Elektronenröhren gibt es im Datenblatt auch Leistungsangaben für 170 Volt. Mein Netzteil liefert 185 Volt. Diese Spannung läßt sich mit zwei günstigen Transformatoren aus aktueller Produktion erzeugen. Ein Trafo sorgt für die Heizspannung, der andere sorgt für die Anodenspannung. Der erste Trafo hat 24 Volt Wechselspannung bei 10 VA (Volt-Ampere oder Watt), der zweite Trafo hat zweimal 24V Wechselspannung bei 5 VA. Damit die Anodenversorgungsspannung ordentlich hoch wird werden zwei "Tricks" benutzt: einmal liegen alle Sekundärwicklungen in Reihe für die Anodenspannung, d.h. 72 Volt Wechselspannung stehen zur Verfügung. Zweitens wird eine Spannungsverdoppler-Schaltung, die Delonschaltung, benutzt um aus 72 Volt Wechselspannung 189 Volt "rohe" Gleichspannung zu machen. Diese Gleichspannung wird durch RC-Filter geglättet. Am Netzteil-Ausgang stehen ungefähr 185V geglättete Gleichspannung zur Verfügung. ACHTUNG: im Leerlauf liefert das Netzteil gemessen 255 Volt Gleichspannung. Warnung: nach dem Ausschalten sind die Netzteil-Elkos noch geladen und bleiben es auch noch für Stunden. Deshalb vor Arbeiten am ausgeschalteten Gerät die Elkos über einen Widerstand von z.B. 1 Kiloohm entladen.



Die Kondensatoren und Elkos brauchen eine gewisse Spannungsfestigkeit. Für C1 und C2 sind das 400V-/250V~ (400 Volt Gleichspannung, 250V Wechselspannung) und für C3 bis C8 sind das 160V-. Die Lastwiderstände RL und I_L sind Teil der Simulation, nicht Teil der Schaltung. V1 bis V3 sind die insgesamt drei Sekundärwicklungen der zwei Transformatoren. Die Sicherungen sollen träge sein. In etlichen Röhrenverstärkern fehlen diese Sicherungen auf der Sekundärseite. Natürlich verhindern Sicherungen nicht in jedem Fall größere Schäden an einem Verstärker, aber das Risiko sinkt. Siehe z.B. "Reparatur Chinesischer 300B Monoblöcke" von Röhrensockel.
Die effektiv 330uF Kapazität im Netzteil finde ich nicht zu groß. Es gibt keine Drossel (Induktivität) im Netzteil und ich will nicht Netzbrummen im Lautsprecher hören. Zweitens entkoppeln die Innenwiderstände der Sekundärwicklungen von insgesamt 145 Ohm und die Widerstände R1 bis R4 die Elkos und verhindern dadurch beim Einschalten eine Überlastung der Dioden.




Bild links: Netzteil in einen Pappkarton eingebaut
Bild rechts: Netzteil geöffnet. Die Lochrasterplatine hat keine Kupferbeschichtung. Im Kaltgeräte-Einbau-Stecker ist eine Sicherung.

Berechnung Netzteil

Das Buch "Tabellenbuch der Elektronik und Nachrichtentechnik" von W. Benz, P. Heinks und L. Starke begleitet mich seit 1980. Auf zwei Seiten wird die Berechnung von Netzteilen mit Glättung beschrieben. Für uns ist die Einweg-Schaltung als Teil des Delon-Spannungsverdoppler interessant. Im Transformator Datenblatt wird effektive Wechselspannung Ueff und effektiver Wechselstrom Ieff angegeben. Mit Ladekondensator, d.h. bei kapazitiver Belastung gelten die Näherungsformeln: U=Ueff/0,85. Wir überprüfen die LTSpice Simulation: Ueff=72V mit Spannungsverdoppler ergibt U=169V. Die LTSpice Simulation und der Aufbau liefern andere Werte. Simulation liefert 185V, Aufbau 193V.

Leistungsmäßig werden vom Heiztrafo 24V*0,3A=7,2W für die Heizung gebraucht. Die 190V Speiseleitung braucht 7,6W laut Simulation. Zusammen sind das knapp 15W. Die Trafos werden "ordentlich" warm im Betrieb. Bei diesen kleinen Trafos ist der Wirkungsgrad deutlich unter 90%.

Die RC-Glieder R1 bis R4 und C3 bis C8 im Netzteil sollen die Frequenz 100Hz und Harmonische wegfiltern. Willkürlich wird als Grenzfrequenz 25Hz festgelegt. Nach fg=1/(6.28*R*C) wird nach Umstellung und Einsetzen R=1/(6.28*25Hz*220uF)=29,0 Ohm. Gewählt wird 33 Ohm für R1 bis R4. Der Widerstand muß P=I^2*R=0.03W Leistung in Wärme umsetzen. Ein kleiner Metallschicht-Widerstand kann maximal 0,6W.

PL508 PCC88 Triode Amp

Die PL508 wurde nicht als Niederfrequenz-Pentode entwickelt, sondern als Röhre für die Vertikalendstufe im Farbfernseh Empfänger. Die Bildwechselfrequenz ist 50Hz oder 60Hz. Die maximale Anodenverlustleistung ist 12 Watt wie bei EL84 oder PL84. Aber das Glasgehäuse ist deutlich größer und die Fassung ist Magnoval. Die PL508 hat wie die EL86 einen maximalen Kathodenstrom Ik von 100mA, kann aber deutlich höhere Impulsströme liefern - so 300mA. Für mich ist die PL508 sehr gut geeignet als Verstärker für Schlagzeug oder harter Plektrum-Anschlag. Der Verstärker hat keine Gegenkopplung - und braucht auch keine. Als Ausgangsübertrager verwende ich den Hammond 125BSE. Günstiger ist der Tube-Town "TT-OT25BSE". Mein Geheimtipp ist der Tube-Town tt-otg5v3, ein 2,1kg SE Übertrager mit Mittelanzapfung und maximal 150mA Gleichstromanteil. Alle können auf 10kOhm, 5kOhm oder 2,5kOhm Anodenwiderstand auf 8 Ohm Lautsprecherwiderstand verdrahtet werden. Ich empfehle 5kOhm Anodenwiderstand auf 8 Ohm bei einem 8 Ohm Lautsprecher für gute Lautsprecherdämpfung mit der PL508. Das "Bauteil" V_Ig ist ein Strom-Messgerät für Gitterstrom in der Simulation.


Die PCC88 oder 7DJ8 hat eine Heizspannung von 7 Volt, die PL508 oder 17KW6 von 17 Volt. Die Heizspannung aus dem Netzteil passt genau für Reihenschaltung der Heizfäden beider Röhren. Mit einer Spannungsverstärkung mu von 33 liegt die PCC88 zwischen ECC99 mit mu=22 und ECC81 mit mu=66. Als Spanngitter-Röhre hat die PCC88 eine hohe Steilheit von 12,5mA/V. Spanngitter-Röhren haben wenig Mikrofonie. Wegen der hohen Steilheit von PCC88 und PL508 müssen "Schwingbremsen" eingebaut werden, dies sind die Kondensatoren C3, C7, C10. Die Kondensatoren sollen direkt zwischen Anode und Kathode der Röhre gelötet werden, d.h. diese Bauteile als erste an die Röhrenfassungen löten. Kondensator C3 und Anodenwiderstand R2 wirkt als Tiefpass. Dieser Tiefpass verhindert Oszillation im Megahertz Bereich - eine Frequenz die auch Fledermäuse nicht mehr hören, die aber den Verstärker "verstopft" und dumpf klingen lässt. Wegen dem Kondensator zwischen Anode und Kathode ist kein Schutzwiderstand am Gitter nötig, der Schutzwiderstand verschlechtert die Eigenschaften des Verstärkers. Dies ist eine "entweder oder" Entscheidung.

Der Verstärker kann auch mit EL508, E88CC oder 6922 und dem EL86 ECC81 Netzteil aufgebaut werden. Wegen der höheren Versorgungsspannung den Wert von R9 auf 1,2 kOhm erhöhen. Bei 270V Versorgungsspannung ist die maximale Ausgangsleistung 2,4 Watt.

Zum Thema "Schwingbremse" und Schutzwiderstand steht im Buch "Radiotron Third Edition" von 1941 unter dem Titel "Parasitic Oscillation" auf Seite 16:



Im PL508 PCC88 Triode Amp habe ich die erste Verbesserung "Kleiner Kondensator von jeder Anode nach Masse" in der Variante "Kleiner Kondensator zwischen Anode und Kathode" benutzt. Heutzutage wird scheinbar nur noch die dritte Verbesserung "Serien Stopper Widerstände an Gitter und Anode, angeordnet so nah als möglich an der Röhre" benutzt - ich nenne sie Schutzwiderstand. Die Verbesserung "verbesserter Aufbau mit kurzen Drähten" ist im Schaltplan nicht sichtbar.

Die PCC88 ist eine "echte" Treiberröhre. Sie braucht Anodenstrom für gute Funktion. Deshalb sind die Widerstände an Anode und Kathode niederohmig im Vergleich zu einer Schaltung mit ECC83. Sind die Anodenwiderstände klein, dann können die Gitterwiderstände der folgenden Stufe auch klein sein - so dreimal Anodenwiderstand genügt. Über die Versorgungsspannungs-Leitung "läuft" auch ein Signal von Ausgang zu Eingang. Wenn die Endröhre Strom "zieht", dann sinkt wegen dem Innenwiderstand des Netzteils die Versorgungsspannung. Über Anodenwiderstand und Millerkapazität koppelt dieses Signal auf die Gitter der Vorstufen- und Treiberröhren. U1a hat das RC Glied R1, C2 um die Spannungsversorgung dieser Röhre von der Spannungsversorgung der Endstufe zu entkoppeln. Für U1b ist es R5, C6. Nebenbei glättet dieses RC Glied noch das Netzteil-Brummen. Wird der Eingang dieses Verstärkers auf Masse gelegt, dann ist der Lautsprecher stumm.

Die Kondensatoren C1, C5 und C9 machen einen HF-Kurzschluß zwischen Versorgungsspannung und Masse für jede Verstärker-Stufe. Das Schaltbild soll die sternförmige Verdrahtung der drei Verstärkerstufen zeigen. Diese Verdrahtungsart ist wegen der hohen Gesamtverstärkung nötig um Oszillation bei hochohmiger Audioquelle zu vermeiden. Zwischen Eingang und Anode Endröhre ist die Spannungsverstärkung 70dB. Die Bauteile von U1a werden an zwei Punkte geführt, den U1a Versorgungsspannungs-Punkt und an den U1a Masse-Punkt. Das gleiche wird mit U1b und U2 gemacht. Dann werden die drei Versorgungsspannungs-Punkte sternförmig zum Netzteil-Anschlußpunkt geführt, genauso die drei Masse-Punkte. Es gibt genau eine Verbindung vom Netzteil-Anschlußpunkt zum Chassis oder zur Abschirmung. Eingangs- und Ausgangsbuchsen werden NICHT mit dem Chassis verbunden um Brummschleifen zu vermeiden, sondern zu den entsprechenden Anschlußpunkten der Verstärker-Stufen geführt.

Im PCC88 Datenblatt steht: "The unit a, g, k should be used as the grounded cathode input section and unit a', g', k' as the grounded grid output unit". Die PCC88 wird hier nicht als Kaskode benutzt, trotzdem ist die Triode a, g, k mit den Pins 6, 7, 8 besser als Vorstufe geeignet. Weiterhin soll der Pin 9, Abschirmung, an den Masse-Punkt von U1a angeschlossen werden.

Eine gute Abschirmung - wenigstens von Audioquelle über Verstärkereingang bis Gitter der PCC88 U1a - ist nötig damit nicht Netzbrummen aufgenommen wird. Elektromagnetischen Wellen breiten sich im Raum aus, auch bei einer Frequenz von 50Hz. Meiner Erfahrung nach ist 50Hz Einstrahlung aus dem Raum die größte Ursache für Brummen aus dem Lautsprecher. Wer den Verstärkereingang mit dem Finger berüht hört das deutlich. Hier wirkt der menschliche Körper als Antenne für 50Hz. Abschirmung ist billig mit aufgeklebter Alufolie auf der Innenseite des Gehäuse möglich. Zweite Ursache ist meiner Meinung nach die induktive Kopplung von Netztrafo auf Ausgangsübertrager. Deshalb diese beiden Bauteile räumlich trennen und in einem Winkel von 90° zueinander anordnen. Ringkerntrafos "strahlen" auch 50Hz Netzbrumm in den Raum. Es gibt eine kapazitive Kopplung von Heizfaden auf Kathode welche Wechselspannung von der Heizung auf die Kathode überträgt. Wir reden hier von Pikofarad und 50Hz - für mich ist Gleichrichtung der Heizspannung nicht nötig.

Wie bei Röhrenschaltungen üblich müssen einige Kondensatoren hohe Spannung aushalten und einige Widerstände hohe Leistung. C1 bis C10 sollten 400 Volt Gleichspannung Typen sein. Für C11 bis C13 genügen 50 Volt. Der Widerstand R9 oder Rk setzt 0,5 Watt Leistung in Wärme um. Ich empfehle hier einen 2 Watt Drahtwiderstand. Je mehr Watt der Widerstand hat, umso weniger erwärmt sich dieser Widerstand. Dabei bitte nicht übertreiben. Ein passend dimensionierter Rk ist nebenbei eine Sicherung. Hohe Temperatur des Elko C13 verkürzt die Lebensdauer, deshalb Abstand halten zwischen Rk und C13. Der Widerstand Rk sollte auch nicht direkt die Platine berühren - mit etwas Abstand einbauen. Idealerweise funktioniert für Rk der Kamineffekt: kühle Luft kann möglichst ungehindert von unten nach oben an Rk vorbei strömen. Ich habe schon Röhrenverstärker mit Lüfter gesehen - so etwas gefällt mir nicht. Lieber ein größeres Gehäuse verwenden, die Hitze produzierenden Bauteile sinnvoll anordnen und Löcher für den Kamineffekt bohren. Gehäusefüße sind nötig und der Verstärker sollte frei stehen. Die Heizleistung von PL508 und PCC88 sind zusammen 7,2 Watt. Das Glasgehäuse der PL508 wird richtig heiß. Gut ist eine Lochblech-Haube über die Röhren für Berührschutz und Konvektion.



Bild: PL508 PCC88 Verstärker auf Steckbrett. Auf die Papier-Unterseite ist Alufolie als Abschirmung geklebt. Die Platine rechts ist der TDA7088 UKW Empfänger aufgebaut ohne NF Stufe und Mittelwelle Teil.

Die PL508 und PCC88 gibt es relativ günstig NOS (new old stock) bei BTB Elektronik. Wer die PCC88 als "Fernseher-Röhre" nicht mag, kann die E88CC benutzen. Es gibt kleine Unterschiede bei der Heizung: PCC88 hat 7V/300mA, E88CC hat 6,3V/300mA. Die E88CC gibt es wieder aus aktueller Produktion von JJ Electronic. Die E88CC und PCC88 sind als gute Trioden bekannt, deshalb gibt es hier keine Schnäppchen-Preise mehr. Die PL508 ist noch nicht so richtig für Röhrenverstärker entdeckt worden.

Auf mvaudiolabs gibt es die "tube data library" mit THD Messungen vieler Elektronenröhren in Triode-Schaltung. Der optimale Arbeitspunkt für die PCC88 mit THD=0,099% ist Ug1=-8V, Ia=6mA. Die E88CC hat optimal THD=0,094% bei Ug1=-8,5V, Ia=6mA. Die PL508 hat optimal THD=0,11% bei Ug1=-31V, Ia=40mA, Ua=240V.

Berechnung Verstärker

Für einige Trioden gibt es im Datenblatt eine Rg, Ra, Rk Tabelle. Für die PCC88 nicht. Die E80CC ist mit mu=27 recht ähnlich zur PCC88 und hat eine Rg, Ra, Rk Tabelle:



Tabelle: Rg, Ra, Rk  für E80CC

Ich lege fest: Ra=100 kOhm, Ub=200V und finde Rg=1 MOhm, Rg'=330 kOhm und Rk=2,2 kOhm. Dabei ist Rg der Gitterwiderstand dieser Stufe und Rg' der Gitterwiderstand der nächsten Stufe. Nach alter Tradition ist Siebwiderstand R1 20% von Anodenwiderstand R2, somit R1=22 kOhm. R4 und R8 sind Rg' und somit 330 kOhm. Eine solche Tabelle ist sehr praktisch! Kleiner Tipp: Im ECC81 Datenblatt gibt es keine Tabelle, aber im E81CC Datenblatt.

Der Kathodenwiderstand Rk der PL508 wird durch Simulation bestimmt, im Datenblatt gibt es keine Angabe. Ausgangspunkt ist Einstellung auf 60% der maximalen Anodenverlustleistung. Mit Pa=13W, Ua=190V Ik=0,6*13W/190V=41,1mA. Dabei ist einmal kein Gitterstrom bei Vollausteuerung wichtig und zweitens möglichst gute Ausgangsleistung oder alternativ möglichst guter Wirkungsgrad. Bei Speisespannung 190V hat sich Eingangsleistung 5,8 Watt und Ausgangsleistung 1,0 Watt bei Rk=1 kOhm ergeben. Wirkungsgrad ist 18,5%, d.h. "echte" Single-Ended Klasse A. Der Strom durch den Kathodenwiderstand ist 22mA, d.h. die Einstellung ist auf guten Wirkungsgrad. Bei Speisespannung 250V und Rk=1,2kOhm steigt der Wirkungsgrad auf 21,6%.

Das RC Glied C4, R4 wird bestimmt mit der Formel f = 1 / (6,28 * R * C). Bei der -3dB Grenzfrequenz f sind kapazitiver Blindwiderstand von C und Widerstand R gleich groß. Nach Umstellen und mit f=50Hz, R=330 Kiloohm ergibt sich C =  1 / (6,28 * R * f) = 9,6 nF, gewählt wird 10nF. Weil zwei RC Glieder C4, R4 und C8, R8 hintereinander geschaltet sind und weil der Ausgangsübertrager auch ein Hochpass ist, werden besser 22nF für C4 und C8 gewählt. Besonders beim Koppelkondensator tritt die "viel hilft viel" Krankheit auf. Wird der Koppelkondensator viel zu groß gewählt, dann hat die Röhre vor dem Koppelkondensator Probleme den Kondensator schnell genug umzuladen, d.h. harte Schläge auf die Basstrommel werden "weich gespült". Das RC Glied R3, C11 an der Kathode wird genauso berechnet. Mit f=50Hz, R=1 Kiloohm ergibt sich C=3,2 uF. Gewählt wird 22uF. Die Kathoden-Kondensatoren sind für das Impulsverhalten nicht so wichtig wie die Koppelkondensatoren.

Die Barkhausen Triode Formel Ri = mu / S erlaubt die Berechnung des internen Anodenwiderstand oder Innenwiderstand einer Triode. Der externe Anodenwiderstand oder Lastwiderstand soll deutlich größer sein, so dreimal größer oder mehr. Die PL508 hat mug2g1=8 und S=9mA/V laut Datenblatt. Der Ri ist 889 Ohm. Ein externer Anodenwiderstand bzw. Impedanz der Primärwicklung von 2,5 kOhm ergibt den Faktor 2,8. Besserer Höreindruck ist bei externen Anodenwiderstand 5 kOhm oder Dämpfungsfaktor 5,6 gegeben.

Simulation Verstärker

Für PCC88 und PL508 habe ich LTSpice Modelle erzeugt. Das PCC88 Modell ist aus Datenblatt-Diagrammen entstanden. Das PL508 Datenblatt enthält kein Diagramm für Triode-Schaltung und kein Diagramm über die Stromverteilung Anode zu Schirmgitter. Die Tube Data Library hat ein PL508 Ia=f(Va,Vg) Diagramm.

Der simulierte Frequenzgang von 20Hz bis 50kHz:



Die -1dB untere Grenzfrequenz ist 53Hz. In meinen Verstärkern benutze ich absichtlich kleine Koppelkondensatoren von 22nF Große Koppelkondensatoren sind schlecht für die Impulsantwort - hier muß der Kondensator schnell umgeladen werden. Die Kathodenelkos wurden mit der Simulation optimiert. Die Endstufe erhält den kleinsten Wert mit 22uF, die Vorstufe den größten Wert mit 100uF und der Treiber 47uF. Diese Werte haben mich überrascht. Das die Werte "richtig" sind ist zu hören. Besonders ein größerer Kapazitäts-Wert für die Endstufe macht den Klang von Schlagzeug usw. "matschig".

Hier nun das simulierte Spektrum des PL508 PCC88 Verstärker. Eingangsspannung 35mV Spitze, Ausgangsleistung 1,3W, Eingangsleistung 6,0W:


Das Spektrum ist "Triode-typisch": die dritte Harmonische ist kleiner als die zweite Harmonische. Bis maximal Eingangsspannung 24mV Spitze, Ausgangsleistung 0,6W, Eingangsleistung 5,5W gibt es keine siebte Harmonische:


Die Leistung ist bescheiden für einen HiFi Verstärker, der Klang ist gut. Eine "Frame output Pentode" ist nicht bekannt für niedrigen THD. Von den schlechten ist die PL508 noch die Beste. In der Tube Data Library steht: "In triode mode linearity is good (same as all PL5*** family), but spectrum is different. It has same large amount of higher harmonics, but it’s not dominated by uneven ones (5th particularly). Instead it’s more monotonically falling spectrum which should  sound much better then other TV pentodes."

Und Röhrensockel schreibt: "Die PL508 kommt im Bereich der Kleinleistungsröhren vom Klang her meinem Favoriten der KT88 am nächsten, besonders der Tiefbass beeindruckt bei dieser kleinen Röhre".
Die PL508 ist deutlich größer als die E84L. Wahrscheinlich ist Überlastung mit 20 Watt Verlustleistung in Triode-Schaltung möglich. Für die EL36 wurde dies beim Trioden - Eintakter mit EL 36 schon festgestellt: "Die Grenzwerte für die EL36 sind in den Handbüchern sehr zurückhaltend, die Eingangsleistung von ca. 20 Watt in Triodenschaltung verkraftet die Röhre spielend."

Zusammenfassung: Mein erster Röhrenverstärker ist, nach allen Optimierungen, vom Höreindruck gut. Es fehlt Headroom (Verstärkungs-Reserve, mehr Watt ohne Klirr). Die PCC88 hat gute Linearität - nur die niedrige maximale Anodenspannung von 130V stört. Die 190V Speisespannung hält die PCC88 aus. Eine E88CC wäre besser. Die PL508 hat für kleines Geld eine gute Optik mit 30mm Durchmesser - nicht so dünn und lang wie eine EL84.

PL508 PCC88 Ultra-Linear, QUAD

Mit dem Tube-Town Übertrager tt-otg5v3 oder einem SE Übertrager mit Ultra-Linear Anzapfung kann der PL508 PCC88 Verstärker verfeinert werden. Beide Verbesserungen, Ultra-Linear und QUAD, sind "Besonderheiten" des Ausgangsübertragers. Ultra-Linear geht zurück auf das US Patent 2218902 von Alan Blumlein, angemeldet 1938, QUAD auf die Acoustical Q.U.A.D. Verstärker ab 1951 und Unity-coupled auf das US-Patent 2477074 von Frank H. McIntosh, angemeldet 1948. In den 1950er Jahren gab es etliche Ultra-Linear Artikel in den Zeitschriften:

Jahr-Monat
Zeitschrift
Authoren
Titel
Bemerkung
1951-11
Audio Engineering
Hafler, Keroes
An Ultra-Linear Amplifier
2 mal 6L6
1952-06
Audio Engineering Hafler, Keroes Ultra-Linear Operation of the Williamson Amplifier 2 mal KT66
1952-09
Wireless World
Williamson, Walker
Amplifiers and Superlatives

1953-02
Radio & Television News
Hafler, Keroes
Improving the Williamson Amplifier
2 mal KT66
1955-02
Radio & Television News Hafler
A 60-Watt "Ultra-Linear" Amplifier
4 mal KT66
1955-05
Radiotronics
Langford-Smith, Chesterman
Ultra Linear Amplifiers Part 1
2 mal KT66
1955-06
Radiotronics Langford-Smith, Chesterman Ultra Linear Amplifiers Part 2
6V6, KT66
1955-07
Radiotronics Langford-Smith, Chesterman Ultra Linear Amplifiers Part 3
KT66
1955-08
Wireless Engineer
W.T.C.
Ultra-Linear Amplifiers

1956-01
Wireless World
Leakey, Gilson
UL Output Transformers
2 mal N709 (EL84)
1956-01
Wireless World

Tetrodes with Screen Feedback
2 mal KT66
1956-04
Radio & Television News Porto
High Fidelity Performance with Mullard's 520 Circuit
2 mal EL34
1956-06
Radio & Television News Hafler
A 50-Watt Power Amplifier
2 mal EL34
1958-01
Radio & Television News Heathkit
70 Watts for HiFi
2 mal 6550
1958-03
Radio & Television News Burstein
Upgrading the HiFi Amplifier

1958-06 Radio & Television News
70 Watts with KT88's
2 mal KT88
1958-07
Radio & Television News Bell Sound Systems
A Hi-Fi 50-watter
2 mal 6CA7 (EL34)
1958-09
Radio & Television News Allied Radio Corporation
A 25-Watt Power Amp
2 mal EL37


Von Firma Acoustical gab es den Q.U.A.D. II und gibt es den QII und QII Forty. Von Firma McIntosh gab es z.B. den Mono-Röhrenverstärker 50W-2, den Stereo-Röhrenverstärker MC225 und es gibt wieder den MC275. Bei Ultra-Linear wird das Schirmgitter an eine Anzapfung der Primärwicklung des Ausgangsübertrager angeschlossen. Ein handelsüblicher Ausgangsübertrager hat keine bifilare Wicklung, aber ich kann die Sekundärwicklung an die Kathode der Endröhre anschließen und dadurch "ein wenig" QUAD Verstärker Eigenschaften erhalten.



Elko C13 sollte mindestens für 50V Spannung geeignet sein. Ein bipolarer Tonfrequenzelko oder Folienkondensator ist hier sinnvoll. Der simulierte Ausgangsübertrager hat die Schirmgitter-Anzapfung bei den "magischen" 43% der Primärwindungen. Im Schaltbild liegt die Anode am 0% Punkt der Primärwicklung, das Schirmgitter am 43% Punkt und die Versorgungsspannung am 100% Punkt. ACHTUNG: etliche Quellen vertauschen den 0% und den 100% Punkt. Ich vertraue meinem Röhrenmodell bei dieser Frage. Der SE Übertrager tt-otg5v3 hat die Anzapfung am 50% Punkt, der PP Übertrager tt-ma18-ot auch am 50% Punkt.
Im Ultra-Linear Betrieb liegt die maximale Ausgangsleistung zwischen Ausgangsleistung bei Pentode-Betrieb und Ausgangsleistung bei Triode-Betrieb. Ich gehe vom geometrischen Mittel aus, andere sagen 2/3 der Pentode-Betrieb Ausgangsleistung ist bei Ultra-Linear möglich.

Für größtmögliche "unity-coupled" Wirkung wird die komplette Sekundärwicklung benutzt, d.h. der 16 Ohm Anschluß. Ein 16 Ohm Lautsprecher wird bei 16 Ohm angeschlossen, ein 8 Ohm Lautsprecher an die 8 Ohm Anzapfung. Gegenkopplung ist immer am 16 Ohm Anschluß. Bei den Anschlüssen des Übertragers gibt es ein "richtig" und viele "falsch". Weil es bei falschem Anschluß kein Mitkopplungs-Gekreische gibt hier die Anleitung: der richtige Anschluß ergibt weniger Verstärkung. Hier mein richtig für meinen tt-otg5v3: rot an Anode, weiß an Schirmgitter, blau an Versorgungsspannung, grau an Masse und Lautsprecher-, braun frei, pink frei, schwarz an Minus-Anschluß C13 und Lautsprecher+.
Der Klang des Verstärkers ist gut bis sehr gut. Wie soll ich es beschreiben? Der Klang "löst" sich von der Lautsprecher-Membrane. So wie es bei einem guten (Röhren-)Verstärker sein soll. Der Klang ist nicht "flach" sondern hat "Tiefe" und "Klarheit". Die simulierten Meßwerte:


 
Die -1dB untere Grenzfrequenz ist bei 56Hz für einen Übertrager mit 20H Induktivität auf der Primärseite.



Bei Eingangssignal 26mV Spitze, Ausgangsleistung 1,0W und Eingangsleistung 11,3W gibt es noch keine siebte Harmonische.



Bei Eingangssignal 45mV Spitze, Ausgangsleistung 3,1W und Eingangsleistung 12,4W steht die Endröhre kurz vor Gitterstromeinsatz. In den simulierten Meßwerten ist natürlich nichts besonderes zu sehen. In der Simulation ist die Last nur ein Widerstand. Ein Lautsprecher ist ein Energie-Speicher. Nach einem "harten Schlag" bzw. Impuls will die Lautsprechermembrane eine gedämpfte Sinusschwingung ausführen. Dieses "Eigenleben" des Lautsprecher wird an die Kathode von U2 gemeldet, weil die bewegte Lautsprecherspule produziert eine (kleine) Spannung. Das Eingangssignal von U2 ist die Spannung zwischen Gitter und Kathode. Diese Spannung ändert sich auch, wenn die Gitterspannung gleich bleibt und sich nur die Kathodenspannung ändert. Diese Gegenkopplung macht einen deutlichen Unterschied im Klang aus.

Anstelle der PL508 habe ich eine EL508 benutzt. Der Unterschied ist nach Philips Datenblatt nur Heizspannung und Heizstrom. Die PCC88 ist auch mit 6,3V Heizspannung zufrieden. Ich benutze eine 6922 von Electro-Harmonix, die hat weniger Mikrofonie als die PCC88. Eine E88CC oder ECC88 geht auch. Das EL86 ECC81 Netzteil wird benutzt, siehe unten.

Natürlich ist Ultra-Linear, QUAD und Unity-coupled eine Art von Gegenkopplung, aber die richtige Art von Gegenkopplung. Das folgende Schaltbild, Fig.4 aus dem Artikel "Amplifiers and Superlatives" von D.T.N. Williamson und P.J. Walker zeigt die QUAD Schaltung welche Firma Acoustical benutzte:


Bei QUAD gibt es eine Gegenkopplung über die Kathoden-Wicklung. Diese lokale Gegenkopplung hat natürlich geringere Laufzeit als eine Gegenkopplung "über alles" und ist dadurch stabiler. Das folgende Schaltbild, Fig.2 aus dem McIntosh Patent, zeigt einen "unity-coupled" Übertrager mit Gegentakt-Endstufe. 30 und 35 sind eine bifilare Wicklung, 33 und 36 sind die zweite bifilare Wickung. Die Wicklungen 26 sind die Sekundärseite und 27 ist der Lautsprecher.



Bei Unity-coupled werden Anode der einen Gegentakt-Endröhre und Kathode der anderen Gegentakt-Endröhre an eine bifilare Wicklung angeschlossen. Eine bifilare Wicklung besteht aus zwei Drähten, die gleichzeitig von der Wickelmaschine auf den Wickelkörper aufgewickelt werden. Die zwei Drähte haben sehr gute Kopplung, d.h. Koppelfaktor von 1, deshalb der Name "unity-coupled". Ein Ausgangsübertrager mit bifilaren Wicklungen dürfte heute eine Sonderanferigung sein. Oder man findet einen original McIntosh Ausgangsübertrager. Auf der McIntosh Firmenseite ist der Schaltplan des 50W-2 Verstärker wo noch deutlich die "unity-coupled" Wicklungen gezeichnet werden. In späteren Schaltbildern bis zum aktuell produzierten MC275 wird bifilare Wicklung weiterhin benutzt, ist aber im Schaltbild nicht mehr deutlich zu sehen. Interessant auch, daß das Schirmgitter der einen Endröhre über Widerstand mit der Anode der anderen Endröhre verbunden ist. Das bleibt typisch für spätere McIntosh Verstärker.

KT66 6922 Ultra-Linear, QUAD

Die "kinkless tetrode" KT66 wird seit einiger Zeit wieder produziert. Schon 1999 wurde die chinesische KT66 in der Zeitschrift "Vacuum Tube Valley" im Artikel "Ultimate 6L6 Shootout" gelobt. Meine höchstwahrscheinlich chinesische KT66 ist von Tube Amp Doctor aus der "premium matched" Serie. Ich schließe mich dem Lob an. Meine KT66 ist kein Chinakracher, sondern ein imposantes Stück Glas- und Metallbearbeitung:



Die KT66 sitzt riesig auf der Oktal-Fassung und überragt die 6922 Doppel-Triode von Electro Harmonix. Der Ausgangsübertrager links ist der Tube-Town tt-otg5v3. Die große KT66 und der 2,1kg schwere Übertrager passen optisch zusammen - eine EL86 ist einfach winzig zu diesem Blechpaket. Die Schaltung ist die schon bekannte Single-ended Ultra-Linear Schaltung mit meiner Variante der QUAD Schaltung:



Der KT66 Kathodenstrom ist laut Simulation 60mA. Gemessen habe ich 15,5V Spannungsabfall an C13, somit 57,4mA. Das Netzteil ist im Kapitel EL86 ECC81 PP Netzteil beschrieben. Das RC-Glied R10, C10 ist nicht bestückt, d.h. kein C10 Kondensator und eine Drahtbrücke für R10. Dieses RC-Glied ist nur bei schlechten Übertrager und/oder Gegenkopplung über alles nötig. Über die verschiedenen Arbeitspunkte schreibt thetubestore.com: "While most tubes we tested were biased at around 60% of their rated plate dissipation, the Shuguangs sound very bright and crystalline in this range. Some may find it too bright. At 75% of rated dissipation, these tubes really provide that feeling of rolling thunder".

Auf der Tube Amp Doctor Seite gibt es Lobgesänge auf die KT66 unter Kundenbewertungen. Einer schreibt von "markanteren 3D Sound", ein anderer von "geradezu sakral". Solche Ausdrucksweise ist mir fremd. Ich freue mich über den guten Klang und die Leistungsreserve der KT66. Mit 25W maximale Verlustleistung bleibt die KT66 deutlich länger im kein k7 Bereich als die 12W EL86 oder PL508. Der Single Ended KT66 Verstärker hat meine Selbstbau-Lautsprecherbox an ihre Leistungsgrenze geführt. Eine neue Zweiwege Selbstbau-Lautsprecherbox ist schon in Planung mit 12" und 4" Lautsprechern und mindestens 100 Liter Volumen.

EL86 ECC81 PP Triode Amp

Die EL86 oder 6CW5 ist eine besondere Endröhre. Entwickelt für "Single ended push-pull" Verstärker ohne Ausgangsübertrager arbeitet diese Röhre mit hohem Anodenstrom bei kleiner Anodenspannung - das richtige für jemand der Leistung ohne Versorgungsspannung von 300 Volt haben will. Tube Data Library schreibt über die EL86: "Another well known output pentode. Microphonic, but with μ of only 7 that’s not very problematic. Quite linear and much cleaner spectrum than EL84. I personally prefer the sound of triode connected EL86 over EL84." Bei Tube-Town habe ich den tt-otg5v3 SE Übertrager gefunden der 5000 Ohm auf 8 Ohm transformiert. Bei 2,1kg Gewicht dürfte der Übertrager mit zwei EL86 keine Probleme haben. Der Gleichstromanteil darf 150mA sein.

Der Verstärker erzeugt genug Lautstärke für Ohrenschmerzen bei mir, wie nach einem Konzert ohne Ohrstöpsel. Mehr Röhrenverstärker ist meiner Meinung im Wohnzimmer nicht nötig. Meine Box hat 93dB Wirkungsgrad und ist weiter unten beschrieben.

Für 250V Versorgungsspannung ist ein Netztrafo mit 200V Wechselspannung effektiv nötig. Tube-Town hat zwei Netztrafo im Angebot: den Ringkern tt-t30-v2 und den EI-Kern tt-ket30. Ich habe den EI-Kern gewählt, weil dieser 100mA auf der 200V Leitung liefert. Dafür ist die 6,3V Leitung schwach mit nur 1,6A. Die beiden EL86 und die ECC81 brauchen 1,82A. Wenn nötig gibt es einen eigenen Heiztrafo. Gemessen liefert das Netzteil 245V und 5,9V. Der Netztrafo ist leicht überlastet und wird warm aber nicht heiß. Mit zusätzlichen Heiztrafo 16VA 6V sind die Spannungen 251V und 6,5V.

Achtung: An den Anoden von U2 und U3 kann eine Spannung von maximal der doppelten Versorgungsspannung auftreten. Deshalb sind C8 und C9 500V Typen. Ursache ist die Energie-Speicher-Eigenschaft einer Induktivität, hier der Primärwicklung des Übertragers.

Schaltbild des Verstärker:


Das Vorbild für diesen Verstärker ist eine RCA Schaltung von 1950, siehe "A high-quality sound system for the home". Drei Jahre nach dem sehr erfolgreichen Williamson Verstärker mit 20dB Gegenkopplung über alles erlaubt sich RCA einen Verstärker ohne Gegenkopplung als High-Quality Verstärker vorzustellen. Die Endröhre 6F6 ist ein Vorläufer der 6V6 und wird in Trioden-Schaltung benutzt.

Die ECC81 oder 12AT7 wird heute wieder von z.B. Electro Harmonix oder JJ produziert. Die EL86 gibt es als NOS (New old Stock), auch als "matched pair". Der otg5v3 Übertrager hat eine Mittel-Anzapfung und kann deshalb für Push-Pull (PP) oder für Pentode SE Ultra-Linear Schaltung benutzt werden. Ein SE Übertrager kann auch für PP benutzt werden, ein PP Übertrager aber nicht für SE.

Laut EL86 Datenblätter kann der Ausgangsübertrager zwischen 3,5 kOhm Raa (Impedanz Anode zu Anode) und 5,5 kOhm liegen. Der Wert der Kathodenwiderstände R11 und R13 für Trioden-Schaltung Push-Pull wird in keinem Datenblatt angegeben. Laut Simulation sind Werte zwischen 680 Ohm und 1 kOhm sinnvoll.



Bild: Aufbau EL86 ECC81 Verstärker auf Steckbrett. Der Verstärker hat nach Aufbau direkt funktioniert. Das zeigt die Qualität der Simulation. Links der otg5v3 Übertrager.

Der simulierte Frequenzgang von 20Hz bis 50kHz. Bei getrennten Kathodenwiderständen für die Endstufe liefert "AC Analysis" Simulation sinnvolle Werte:



Die untere -1dB Grenzfrequenz ist 47Hz bei Primärinduktion von nur 10H. Das keine k7 Spektrum bei Eingangsspannung 370mV Spitze, Ausgangsleistung 1,8W und Eingangsleistung 16,2W:



Das kein Gitterstrom Spektrum bei Eingangsspannung 710mV Spitze, Ausgangsleistung 6,4W und Eingangsleistung 17,7W:



Die Harmonischen, getrennt nach geraden und ungeraden Harmonischen, sind monoton fallend. Der Verstärker dürfte bei dieser Ausgangsleistung "ausreichend" bis "befriedigend" klingen. Achtung: das EL86 Röhrenmodell q liefert deutlich bessere Spektren. Einige Erkenntnisse lassen sich durch Simulation finden, aber es gibt Grenzen. Mein Ziel beim Röhrenverstärker ist nicht "schmalziger" Röhrenklang sondern (sehr) gute Wiedergabe von Schlagzeug oder hartem Plektrum-Anschlag der Gitarre. Die Aufnahme "Fleetwood Mac - Tusk (Official Live Video) [HD]" hat ein Problem bei Gegentakt-Verstärker aufgezeigt: Wenn U2 und U3 einen gemeinsamen Kathodenwiderstand haben darf kein Elko parallel geschaltet werden. Das Problem waren Knistergeräusche bei voller Lautstärke bei den harten Trommelschlägen am Liedanfang und beim Einmarsch der Marching Band später. Im Mullard EL86 Datenblatt wird bei Gegentakt-Endstufe "Rk (per valve)", Kathodenwiderstand für eine Röhre angegeben. Im Genalex KT88 Datenblatt von 1959 steht als Bemerkung zu Rk: "Separate bias resistors are essential". Auch LTSpice will getrennte Kathodenwiderstände, siehe oben. Auf so viele Experten sollte man hören.

Der EL86 ECC81 Verstärker ist ein Klasse A Gegentakt Verstärker, weil sich die Eingangsleistung nur um 1,5 Watt ändert wenn sich die Ausgangsleistung um 4,6 Watt ändert. Auch wenn Klasse AB Gegentakt-Verstärker viel häufiger sind, gibt es meiner Meinung nach einen Platz für Klasse A Gegentakt Verstärker wegen dem besseren Klang.



Bild: Blick von oben auf das Steckbrett. Links ist die ECC81.

Bemerkung: Der otg5v3 Übertrager gehört zum "Projet G5". Das ist ein Röhrenverstärker mit ECC83 als Vorstufe und Treiber, Fender-Style Tiefen/Mitten/Höhen Einsteller, Anschluss für Effektgeräte und EL34 in SE Pentode Schaltung. Tube-Town bietet einen Projet G5 Bausatz an. Für einen Gitarrenverstärker fehlt mir die zweite ECC83 für mehr Gesamtverstärkung. Der klassische Fender Einsteller "frisst" 12 dB Verstärkerleistung. Ich meine, der otg5v3 Übertrager passt besser zu einer KT88 in Ultra-Linear SE Schaltung.



Berechnung Verstärker

Eine Rg, Ra, Rk Tabelle für Vorstufe und Kathodyn-Stufe sind praktisch. Im E81CC Datenblatt von Siemens steht:



Für die Vorstufe wird Ra=220 kOhm Rg'=470 kOhm und Ub=250V gewählt. Für diese Werte gibt es keine Einträge. Es wird Rk=2,7 kOhm als sinnvoller Normwert zwischen den angegebenen Werten ausgewählt.

L. Kaplan schreibt 1958 im Artikel "A Low-cost HiFi amplifier": "One of the difficulties sometimes experienced with the split-load-type phase inverter is unequal high-frequency response in the two sections of the circuit due to the fact that the plate section has higher impedance to ground than the cathode section. This difficulty has been minimized to a large degree in the new amplifier by use of a low-value load resistance (15,000 ohms) for each of the sections". Bemerkung: Low-Cost war der Einsatz von Beam-Tetrode 6973, einem 6V6GT Nachfolger, Pentode/Triode 6BH8 als Vorstufe und Kathodyn-Stufe und Gegentakt Pentode-Schaltung.

Kleinere Werte von Anoden- und Kathodenwiderstand der Kathodyn-Stufe ergeben kleinere Spannungsverstärkung. Nach einigen LTSpice Läufen erscheint R7=R9=47 kOhm und R8=2,7 kOhm als guter Kompromiss zwischen wenig Harmonische der Kathodyn-Stufe und hohe Verstärkung.

"Onkel Frihu" empfiehlt den Kathodenstrom ohne Eingangssignal auf 60% der maximalen Anodenverlustleistung einzustellen . Mit Ik=0,6*Pa/Va ergibt sich 0,6*12W/225V=32mA. Die Versorgungsspannung ist 250V, aber am Kathodenwiderstand fallen 25V ab. Den dafür passenden Kathodenwiderstand zeigen mir einige LTSpice "Transient" Läufe. Früher hat man gezeichnet und/oder gerechnet, heute wird simuliert.

EL86 ECC81 PP Netzteil

Schaltbild des Netzteil:



Das Netzteil ist Halbleiter-Standard, ein Graetz- oder Brückengleichrichter mit vier Einzeldioden 1N4007. Der Gleichrichter wandelt die Netzfrequenz 50Hz in eine pulsierende Gleichspannung mit 100Hz. 10nF Snubber Kondensatoren parallel zu jeder Diode entstören.

Die RC-Glieder R1 bis R4 und C5 bis C9 im Netzteil filtern die Frequenz 100Hz und Harmonische. Willkürlich wird als Grenzfrequenz 50Hz festgelegt. Nach fg=1/(6.28*R*C) wird nach Umstellung und Einsetzen R=1/(6.28*50Hz*100uF)=31,8 Ohm. Gewählt wird 33 Ohm für R1 bis R4. Der Widerstand muß P=I^2*R=0.23W Leistung in Wärme umsetzen. Ein 0,6W Metallschicht Type genügt.

In der Simulation liefert das Netzteil 250V@75mA bei einem Brumm von 28mV Spitze-Spitze. Die Leerlaufspannung ist 294V. Die Ausgangsleistung des Netzteil ist 250V*75mA=18,75W. Die 200V Trafowicklung kann 20 Watt liefern. Die Differenz steht für Verlustleistung in Dioden und Widerständen zur Verfügung.

Widerstand R5 gehört zu dem "Resistance capacitance filter" nach H. H. Scott welches auf Seite 198 im "Radiotron" Buch vorgestellt wird. Der Wert für R5 wird durch mehrere LTSpice Simulationen ermittelt. Der Netztrafos ist ein tt-ket30 von Tube-Town. Die Stromsenke I_RL ist Teil der Simulation.

Achtung: Die Gesamtkapazität von 500uF hält bei 250V eine ordentliche Ladung über lange Zeit. Deshalb vor Arbeit am Netzteil erst den Stecker ziehen und dann Elkos über Widerstand von z.B. 1 kOhm entladen.



Bild: Netzteil 250V auf Lochraster-Platine ohne Kupferauflage 100mm x 50mm aufgebaut. Der Netztrafo rechts ist ein Tube-Town tt-ket30.

Heizfaden Brumm

Zwischen Heizfaden und Kathode gibt es eine kleine Kapazität von 2,5pF bei der ECC81. Zwischen Heizfaden und Gitter sind es 0,17pF. Zwischen Heizfaden und Kathode darf die Spannung maximal 90V betragen bei der ECC81 und 80V bei der PCC88. Bei PCC88 wird maximaler Widerstand zwischen Kathode und Heizfaden mit 20 kOhm angegeben. Ähnliche Werte haben alle indirekt geheizte Röhren. Trotz dieser kleinen Kapazitäten ist eine Verbindung zwischen Heizstromkreis und Anodenstromkreis nötig um Heizfaden-Brumm zu vermeiden. Im umfangreichen Datenblatt der ECC82 steht: "Wenn die Mittelanzapfung des Heiztransformators geerdet ist, Rg<=0,3 MOhm und Rk genügend entkoppelt, so wird der Störpegel von Brumm und Rauschen besser als 60 dB unter 100mV sein". Das düfte auch für andere Röhren gelten. Heiztrafo mit Mittelanzapfung ist heute selten. Meine Alternative sind zwei 1 kOhm Widerstände. Ein Anschluß der Widerstände geht an den Vorstufen-Massepunkt, die anderen Anschlüsse an die Heizfaden-Anschlüsse der Vorstufen-Röhre.

Bei direkt geheizten Endröhren wie der 2A3 wird bei Heizung mit Wechselspannung ein Entbrummer benutzt. Das ist ein Drahtwiderstand-Potiometer mit 100 Ohm. Der mittlere Anschluß ist auf Masse, die beiden anderen Anschlüsse an den beiden Heizfaden-Anschlüssen. Solch eine niederohmige Verbindung ist bei indirekt geheizten Röhren und Heizung mit Wechselspannung nicht nötig.

Fixed bias

Meine Verstärker-Schaltungen haben alle "cathode bias" oder Kathodenwiderstand. Leistungsstarke Verstärker haben oft "fixed bias", eine negative Spannung für das Gitter der Endröhren, sozusagen eine C-Batterie. Im Artikel "Fixed bias vs. Self bias" von 1950 schreibt C.P. Boegli: "in the highest-fidelity amplifiers self bias is actually equal to fixed bias in performance ... instead of furnishing a negative fixed bias by means of rectifiers and filters, we merely add the amount of the bias to the plate supply voltage ... If a common cathode resistor is left unbypassed the second-harmonic voltages are fed back in phase to both grids and a secondary type of harmonic distortion appears in the output. Consequently, that resistor is bypassed". Für 250V Anodenspannung und 25V Bias-Spannung ist somit eine Versorgungsspannung von 275V richtig. Der Kathodenwiderstand bekommt eine Kapazität (Elko) parallel geschaltet. Weiterhin schützt "self bias" die Endröhre. Wenn bei "fixed bias" die Bias-Spannung ausfällt, dann wird der Kathodenstrom zu groß. "Rote Backen" der Endröhre, Glasschmelze oder sogar Brand im Verstärker sind möglich.

EL86 ECC81 PP Ultra-Linear, QUAD

Die Ultra-Linear und QUAD Ideen können auch bei Push-Pull Verstärker benutzt werden. Die EL86 wird zusammen mit dem Tube-Town tt-ma18-ot Ausgangsübertrager (AÜ) benutzt. Die Impedanz ist mit 8 kOhm etwas hoch für die EL86, Impedanz 6,6 kOhm wäre ideal, aber es sind wenige günstige Push-Pull Übertrager mit Ultra-Linear Anzapfung im Angebot. Der Hammond 1608A mit 8 kOhm ist deutlich teurer.


Der 16 Ohm(!) Lautsprecher wird wie üblich an die 0 Ohm und 16 Ohm Anschlüsse des AÜ angeschlossen. Der 8 Ohm Anschluß wird auf Endstufe-Masse gelegt. Wie immer bei Gegenkopplung ist der genaue Anschluß wichtig. Weil es bei falschem Anschluß kein Mitkopplungs-Gekreische gibt hier die Anleitung: der richtige Anschluß ergibt weniger Verstärkung. Meinen tt-ma18-ot habe ich so angeschlossen: Primär blue=U2 Anode, purple=U2 Schirmgitter, white=Versorgungsspannung, pink=U3 Schirmgitter, brown=U3 Anode und Sekundär black=R11 (U2 Rk), pink=frei, brown=Masse, gray=R14 (U3 Rk).
Die RC-Glieder R12, C8 und R15, C9 müssen nur bei schlechtem Ausgangsübertrager mit hoher Streuinduktivität (leakage inductance) benutzt werden. Dann R12=R15= 47 Ohm und C8=C9=1nF als erste Werte probieren. Langford-Smith schreibt in "Ultra Linear Amplifiers" 1955: "Typical values are 0.001 or 0.002 uF and 47 to 220 ohms". Hohe Streuinduktivität produziert "Klingeln", d.h. parasitäre, abklingende Oszillation. Siehe 1956 Artikel UL Output Transformers von Leakey und Gilson. Die simulierten Meßwerte:


Die untere -1dB Grenzfrequenz ist 28Hz. Ursache ist einmal die hohe AÜ Primärinduktivität von 72H, zweitens die lokale Gegenkopplung der Endstufe. Das kein k7 Spektrum bei Eingangsspannung 410mV Spitze, Ausgangsleistung 2,4W und Eingangsleistung 16,2W:


Das keine siebte Harmonische Spektrum sieht sehr gut aus, die Harmonische fallen schnell ab. Nun Eingangsspannung 780mV Spitze, Ausgangsleistung 8,2W und Eingangsleistung 17,5W:


Das kein Gitterstrom Spektrum sieht ungewöhnlich aus. Bei meinen Hörtests klingt der Verstärker gut, die Lautsprecherbox "rappelt" nicht, auch wenn der Lautsprecher viel Luft bewegt und die Lautstärke in Richtung Schmerzschwelle geht. Im Editorial von Wireless Engineer von August 1955 gibt es eine Erklärung für die ungewöhnlichen Harmonischen beim UL Verstärker.

Wie Nobu Shishido sagte: "Es kommt auf das erste Watt an". Der EL86 Verstärker mit lokaler Gegenkopplung liefert über 2 Watt in bester Qualität.

Der Aufbau auf dem Steckbrett hat eine Besonderheit. Durch zwei 1 kOhm Widerstände wird eine Mittelanzapfung für die 6,3V Heizspannung nachgebildet. Damit wird die Datenblatt Anforderung maximal 20 kOhm Widerstand zwischen Kathode und Heizung erfüllt. Auf dem Bild ist links der AÜ zu sehen und rechts die ECC81 von Electro-Harmonix. Meiner Meinung nach sind gute Röhren aus aktueller Produktion so gut wie gute Röhren aus NOS Produktion. Ohne Schaltungsänderung funktioniert auch ECC83 anstelle von ECC81. Die Verstärkung steigt, die Ausgangsleistung ohne k7 sinkt. Meine ECC83, eine Tube-Town Eigenmarke, hat ein Schirmblech zwischen den beiden Trioden-Systemen. Das zeigt Qualität (Made in China).

KT66 ECC81 PP Ultra-Linear, QUAD

Die meisten Röhren haben eine langweilige Form. Die KT66 hat eine interessante Form:




Bild links: EL86, PL508 und KT66 von Tube Amp Doctor von links nach rechts.
Bild rechts: "clear glass" KT66 von GEC.

Für die Ohren ist die 25W Beam-Tetrode KT66 "premium matched" von TAD auch eine gute Wahl. Die 6L6GB hat maximale Verlustleistung von 19W, die 6L6GC hat 30W. Philips hatte das Pentoden-Patent und die 25W EL34, deshalb war in U.S.A. die Beam-Tetrode 6L6 und in UK die KT66 üblich. In den 1950er und 1960er Jahren hatten UK Röhrenverstärker einen guten Ruf und dadurch eine gute Verbreitung was die KT66 in die ganze Welt brachte. Interessant ist der unterschiedliche Heizstrom. Die 6L6 benötigt 0,9A, die KT66 1,27A und die EL34 1,5A. Die Heizspannung ist 6,3V.

Die KT66 Schaltung hat nur wenig Unterschied zur EL86 Schaltung. Die Versorgungsspannung steigt von 250V auf 320V. Die Kathodenwiderstände der Endröhren werden an die Leistung der KT66 und an die Leistung des 50W Netztrafo angepasst. Der Trafo liefert 30W für die Anodenspannung und 20W für die Heizspannung. Anstelle der ECC81 kann eine ECC83 benutzt werden. Das ergibt 4dB mehr Spannungsverstärkung, aber weniger kein k7 Ausgangsleistung.


Der Innenwiderstand der KT66 ist mit 1300 Ohm doppelt so hoch wie bei der EL86 mit 667 Ohm. Trotzdem ist die -1dB untere Grenzfrequenz mit 28 Hz für die EL86 und 29 Hz für die KT66 fast gleich. Die RC-Glieder vor der Endstufe und der Übertrager nach der Endstufe sind gleich und Gegenkopplung bewirkt Gleichmacherei. Das kein k7 Spektrum bei Eingangsspannung 510mV Spitze, Ausgangsleistung 3,8W und Eingangsleistung 27,0W:


Das kein Gitterstrom Spektrum bei Eingangsspannung 920mV Spitze, Ausgangsleistung 11,7W und Eingangsleistung 28,1W:



Mit Ausgangsleistung von über 10 Watt verlässt dieser Verstärker den Bereich der 1 Watt "Baby"-Verstärker die Lautsprecher mit guten Wirkungsgrad brauchen. Meiner Meinung nach sind Lautsprecher unter 90dB SPL schlecht gebaut und Lautsprecher über 95dB SPL haben einen eingeschränkten Frequenzgang. Diese beiden Grenzen lassen genügend viele gute Lautsprecher übrig.

Über eine "Chinese KT66 (1999)" schreibt "Vacuum Tube Valley" in "Ultimate 6L6 Shootout": "Almost an exact look-alike to the famous Genalex Gold Lion clear glass KT66, this tube was very balanced and musical with strong bass ... This tube has a powerful full-bodied sound; it is chimney and has great overall definition". Ich persönlich habe immer noch Probleme mit diesen blumigen Beschreibungen der HiFi-Fans. Eine 25W Röhre bedeutet für mich hohe Leistung ohne k7. Das ist deutlich mehr als eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.

Weitere Ultra-Linear Verstärker

Der Artikel Ultra-Linear Operation of the Williamson Amplifier von 1952 zeigt einen Push-Pull KT66 Verstärker mit zwei 6SN7 Trioden. Diese mu=20 Triode hat Oktal-Fassung wie die KT66. Die 6SN7 wird heute wieder produziert. Es scheinen noch genügend Verstärker mit dieser Röhre in Nutzung zu sein.


Die erste 6SN7 hat eine direkte Verbindung zwischen Anode der ersten Triode zu Gitter der zweiten Triode. Das reduziert Phasenverschiebung bzw. Laufzeit im Verstärker. Dafür sind die Koppelkondensatoren mit 0,25uF meiner Meinung nach zu groß: gut für minimale untere Grenzfrequenz bei Messung mit Sinuston, schlecht für Impulsantwort. Der 10 kOhm Widerstand am Gitter der ersten Triode bringt Widerstandsrauschen in den Verstärker. Über die Kathode der ersten Triode wird die Gegenkopplung angeschlossen. Die Operationsverstärker-Schaltung mit long-tail Stufe ist meiner Meinung nach besser. Die zweite 6SN7 liefert zusätzliche Verstärkung in symmetrischer Schaltung. Die Endstufe hat einen 100 Ohm Drahtpotiometer zur Einstellung der Kathodenströme. Das ist gut. Schlecht meiner Meinung nach ist der gemeinsame 300 Ohm Kathodenwiderstand mit parallelen 250uF Elko. Wenn Elko, dann zwei Kathodenwiderstände und zwei Elkos. Zusammenfassung: dieser Ultra-Linear Verstärker von 1952 hat Qualität. Die Entwicklung ging weiter. Einmal in Richtung bessere Gegenkopplung über alles aber auch in Richtung keine globale Gegenkopplung.

Der Heathkit W-3M Verstärker hat ebenfalls den Acrosound TO-300 Ausgangsübertrager benutzt, zusammen mit zwei 5881 Beam-Tetroden, einer 6L6G Variante. Heathkit war in den 1950er Jahren "Mainstream". Somit ist Ultra-Linear ab 1953 im Massenmarkt angekommen mit geschätzt 12000 Stück W-3M Verstärkern. Eine schnelle Marktdurchdringung, war doch der erste Artikel zum Thema in 1951 erschienen. Der W-3M ist getrennt nach Netzteil-Chassis und Verstärker-Chassis. Eine Zweiteilung die heute noch sinnvoll ist und welche ich auch benutze. Einige meiner Kritikpunkte am 1952 Verstärker wurden im W-3M behoben. So wurde der 10 kOhm Widerstand entfernt und einige Koppelkondensatoren auf 50nF reduziert.

Der Acrosound UL-II von 1957 ist ein bekannter Röhrenverstärker in Operationsverstärker-Schaltung, der meiner Meinung nach besten Gegenkopplung über alles.



Bemerkung zu diesem Schaltbild: Redrawn by Kurt Lilienthal Engineering 2015

Der Verstärker benutzt fixed bias für das "long tail pair" mit ECC83 und für die Endstufe. Etliche Symmetrie-Einsteller sind vorhanden. Einmal an den Kathoden der symmetrischen Treiberstufe mit ECC82. Dann zwei Einsteller für Summe Kathodenstrom und Balance Kathodenstrom der Endröhren EL34. Meiner Meinung nach ist viel Einstellmöglichkeit gut für den Profi aber schlecht für den Anfänger. Die "automatic bias" Mode war wohl eine Reaktion auf Verwirrung beim Kunden. Das Gitter der oberen ECC83 Triode ist der + Eingang des Röhren-Opamp, das Gitter der unteren ECC83 Triode ist der - Eingang. Mit dieser Schaltung war meiner Meinung nach die Entwicklung des UL-Röhrenverstärkers mit Gegenkopplung über alles abgeschlossen.

Guter Höreindruck

Wo kommt der gute Höreindruck eines Klasse A Verstärkers her? Was ist das Geheimnis? Auch ich habe die (vollständige) Antwort nicht. Im Buch "Radiotron Designer's Handbook Third Edition" von 1941 gibt es Hinweise.

Zuerst gibt es Kritik an der "Total Harmonic Distortion" THD als Qualitätsmaß auf Seite 32: "The total harmonic distortion is not a measure of the degree of distastefulness to the listener ... it is always preferable to specify each harmonic separately". Die harmonischen Verzerrungen sollen einzeln angegeben werden. Dabei sind die geradzahligen Harmonischen wie zweite, vierte Harmonische nicht störend - oft erzeugen die Musikinstrumente diese Harmonische selbst. Die höheren ungeraden Harmonischen sind "unmusikalisch". Unser Ohr hat sehr hohe Empfindlichkeit für "schiefe" Töne, deshalb ist die THD Zahl die zum allergrößten Teil aus zweiter und dritter Harmonische besteht ungenügend. Das "Radiotron" empfiehlt folgende Werte auf Seite 32:

Harmonic
Good fidelity
Fair fidelity
2nd
5%
10%
3rd
2.5%
5%
4th, 6th, ..
not important
not important
5th
0.5%
1%
7th
(say) 0.1%
(say) 0.2%

"The seventh harmonic is not on the musical scale, and should therefore be below the threshold of audibility". Keine hörbare siebte Harmonische ist mein Qualitätsmaß und heutzutage leicht zu überprüfen wenn fast jeder Digital-Oszilloskop eine Spektrumanalyse Funktion hat. Natürlich hat der BUF634 Verstärker von Henry Westphal, Stefan Trampert und Frederic Sehr mit einem THD von 0,00020% auch eine SEHR kleine siebte Harmonische. Der BUF634 Verstärker besteht, wie vor vielen Jahren der Elektor NE5532 Verstärker, aus vielen parallel geschalteten integrierten Schaltkreisen (ICs). Der BUF634 ist ein High-Speed-Buffer, der NE5532 ist ein rauscharmer Operationsverstärker.

Aus den Datenblättern können wir nicht "5th harmonic" oder "7th harmonic" ablesen. Die "Tube Data Library" liefert diese Information. Alle Röhren werden in Triode-Schaltung betrieben. Die Verzerrung für 10 Volt effektiv Ausgangssignal an der Anode in Triode-Schaltung wird bei Anodenstrom Ia und Bias-Gitterspannung Ug gemessen.

Tube
5th harmonic
Ia, Ug
PL95
none
33mA, -9.6V
ECL82_P, PCL82_P
none
21mA, -22.5V
PCL200_P
none
20mA, -4.6V
PCL84_P
none
15mA, -6.16V
ECL86_P
none
10mA, -11.55V
ECC85
none
8mA, -2.5V
E88CC
none
6mA, -8.5V
PCC88
none
6mA, -8V
PCL805_P
-120.37dB
21mA, -31.8V
EL86, 6CW5 -120dB
18mA, -20V
PCL81_P
-113.60dB
29mA, -8V
PL504
-112.06dB
20mA, -36V
EL519
-111.41dB
60mA, -36V
EL83, PL83
-111.42dB
40mA, -1.7V
PL36
-109.21dB
46mA, -40V
PL500
-107.00dB
40mA, -34V
ECC83
-106.96dB
1mA, -0V
PL508
-103.23dB
40mA, -31V
EL84
-100.47dB
30mA, -5V

Laut "Radiotron" gibt es zwischen Höreindruck und "loudspeaker damping" einen Zusammenhang. Die Induktivität der Lautsprecherspule sorgt dafür, das die Impedanz des Lautsprecher mit der Frequenz steigt. Eine hohe Impedanz gibt es auch bei der Resonanzfrequenz des Lautsprechers. Der Innenwiderstand der Ausgangsröhre liegt über den Ausgangsübertrager parallel zur Lautsprecher-Impedanz und dämpft diese. "We need only be concerned with the ratio of the load resistance to the effective plate resistance (rp), and this ratio (RL/rp) is called the 'damping factor'. Triodes have good damping factors, but pentodes and beam power tetrodes, due to their high plate resistance, have very poor damping factors", siehe Seite 15.

Die grundlegenden Kennwerte einer Triode sind Spannungsverstärkung mu, Steilheit S und Innenwiderstand Ri, oben "effective plate resistance" genannt. Aus zwei dieser Werte läßt sich der dritte Wert berechnen nach der Formel Ri = mu / S. Wichtig für die Ausgangsleistung ist die maximale Anodenverlustleistung Pa. Der theoretisch maximale Wirkungsgrad bei Single Ended Klasse A Verstärker ist 25%, bei Gegentakt Klasse A 50%. Zuletzt wird die Ausgangsleistung P in Triode-SE Schaltung angegeben - diese steht nicht immer im Datenblatt. Die inneren Kapazitäten der Triode sind meiner Meinung nach bei Niederfrequenzverstärker mit obere Grenzfrequenz von z.B. 34kHz unwichtig.

Tube
Jahr
mu
S[mA/V]
Ri[Ohm]
Pa[W]
P[W]
PL502, EL502
1963
5
17
294
20
-
PL36, 25E5 1955
5,6
14
400
13
-
PL521, 29KQ6 1965
4,7
9,1
516
18
-
EL503
1965
13
23
565
40

KT88
1957
8
12
667
42
-
EL86, 6CW5 1956
8
12
667
12
-
300B
1938
3,9
5
790
36
7
2A3
1933
4,2
5,25
800
15
3,5
PL84
1956
8
10
800
12
2,1
PL508, EL508
1966
8
9
889
12
-
EL34
1950
11
11
1000
25
6
KT66
1937
8
6,15
1300
25
5,8
EL156
1952
15
11
1364
50
-
EL84
1953
19
11,3
1681
12
1,95
6L6
6L6GC
1936
1959
8
4,7
1700
19
30
1,4
6V6GT, 6BW6, EL90
1937
9.8
5
1960
12
-
ECC99
1999
22
9,5
2316
5
-
PL95
1959
17
5,4
3148
6
-
Durchschnitt
-
10
10,3
971
21
-

Die "echten" Trioden 300B und 2A3 haben einen niedrigen Innenwiderstand von 800 Ohm. Vergleichbar zur 300B sind KT88 oder EL503 in der "40 Watt" Klasse. Die 2A3 kann durch EL86, PL84, PL508 oder EL508 aus der "12 Watt" Klasse ersetzt werden. Die 1930er Jahre Röhren 2A3, 300B, 6L6 und 6V6 haben kleine Steilheit im Vergleich zu späteren Röhren. Die späten Röhren wie PL502/EL502 und EL503 konnten ihre Qualität nicht zeigen. Jogi schreibt in "Die EL503 Story": "Der etwa zur gleichen Zeit einsetzende Siegeszug der Halbleiter hatte jedoch zur Folge, dass eigentlich gar kein wirklicher Bedarf für Röhren-Neuentwicklungen dieser Art mehr bestand". Die typische Endröhre hat mu=10 und S=10 mA/V und damit Ri=1000 Ohm und Anodenverlustleistung 21 W - so wie die EL34. Natürlich ist die Auswahl der Röhren etwas willkürlich, es sind keine ECL oder PCL Typen vertreten.

Bemerkung: Der Innenwiderstand Ri ist wie mu und S KEINE Konstante. Es ist der "best case" Wert bei hohem Anodenstrom. Wird der Anodenstrom kleiner, dann sinkt S und Ri steigt. Spannungsverstärkung mu sinkt auch.



Bild: Die "Konstanten" S, mu und Ri in Abhängigkeit von Ia und Ua bei der E88CC aus Siemens Datenblatt.

Zwischen "Distortion" und "negative feedback" (Gegenkopplung) gibt es laut "Radiotron" auch einen Zusammenhang, besonders wenn die Gegenkopplung über mehrere Verstärkerstufen erfolgt: "With feedback over two such stages the effect is to produce peaks of response at low and high frequencies ... As the feedback factor is increased ... the peaks become much more pronounced and may be the cause of serious distortion. These peaks of responce are caused by regeneration, brought about through sufficient phase angle rotation to convert negative feedback to positive.", siehe Seite 35. Ohne die Worte "Laufzeit" oder "Bode-Diagramm" zu benutzen wird genau dieses beschrieben: besonders bei niedrigen und hohen Frequenzen wird durch die Phasenverschiebung von z.B. RC-Gliedern zusammen mit der Laufzeit aus der Gegenkopplung eine Mitkopplung.

Aus "Radiotron" und BUF634 Verstärker lernen wir: THD ist kein Kennwert für Höreindruck - obwohl bei einem THD von 0,00020% ein Verstärker "neutral" klingt. Kleiner Innenwiderstand oder kleiner "innerer Anodenwiderstand" ist gut. Der übliche "damping factor" bei Triode Amp ist 3. Heute kann bestimmt ein 0,1 Ohm Innenwiderstand Halbleiter-Verstärker gebaut werden, der dann den Lautsprecher zuviel dämpft. Williamson schreibt dazu: "that the optimum value [of output resistance] is dependent upon the loudspeaker and particularly the intended performance of its enclosure, so that the doctrine 'the more damping the better,' is not always sound" in "Amplifiers and Superlatives" schon 1952. Und zuletzt KANN Gegenkopplung böse sein - obwohl Verstärker mit kleiner Laufzeit auch starke Gegenkopplung vertragen.

Hi-Fi oder nicht Hi-Fi

Hi-Fi oder "high fidelity" war von Anfang an die Anforderung gewesen an Niederfrequenzverstärker. Die Spalte "Radiotron 1941" ist aus dem Buch "Radiotron Designer's Handbook" von 1941 auf Seite 32, Spalte "RCA Laboratories 1950" ist aus dem Artikel "A high-quality sound system for the home" von 1950:

Qualität
Radiotron 1941
RCA Laboratories 1950
Musical reproduction
40  .. 12000 Hz
40 .. 15000 Hz
Good fidelity
60 .. 10000 Hz
60 .. 10000 Hz
Mediocre reproduction
100 .. 5000 Hz

Radio receiver (AM band)
100 .. 3500 Hz


Im Radiotronics Bulletin 112 von Mai 1941 gibt es folgende "relative Energy Distribution":



Als Hi-Fi Definition nutze ich 20Hz bis 20kHz. Die "Compact Disc (CD)" erfüllte als erste Massentechnik diese Definition. LP Langspielplatte geht bis 16kHz, UKW oder FM Radio bis 15kHz. Der Dynamikumfang der CD mit praktisch 90dB erreicht noch nicht die Fähigkeiten des menschlichen Gehörs mit 120 dB. Heutige Verstärker loben sich mit Bandbreite bis zu 300kHz, d.h. bis in die Mitte des Langwelle Rundfunkbandes. Meiner Meinung nach übertrifft hier das technisch Mögliche das menschlich Nötige.

Im Kapitel "Endstufe EICO" des TU Berlin "Black Cat" Verstärker gibt es eine Bemerkung zur sinnvollen oberen Grenzfrequenz für Verstärker mit Gegenkopplung: "daß ein –3dB-Punkt bei 20 kHz bereits zu den Höreindruck störenden Phasenverzerrungen im Bereich um 15kHz führen könnte. Ein –3dB-Punkt bei 34 kHz würde dann hingegen die Phasenbeziehungen im Bereich um 15 kHz nicht störend verfälschen."

Die RCA Mitarbeiter schreiben 1950 über Harmonische: "that the higher order harmonics are more easily discerned than the lower order harmonics; that difference tones may be of more importance than the harmonics ... it has been observed that the sensitivity of the ear to distortion in music appears to be a maximum for sound levels in the vicinity of 70 to 80 dB"

Über Verzerrung: "For the type of distortion contemplated, for the frequency response contemplated, and for a sound level of 75 dB, it has been shown that a total RMS distortion of approximately 0.75% is perceptible to critical listeners ... for sound levels of 90 dB, total RMS distortions of 2 to 3% are tolerable".

Über Ausgangsleistung für Zimmerlautstärke: "an average sound level of approximately 75 dB would be adequate for most home reproduction. The power corresponding to this sound level would be approximately 0.016 watt ... For an average power level of 0.016 watt the peak power level would, therefore, be appoximately 0.160 watt.

Über Ausgangsleistung für Konzerthalle-Lautstärke: "that the peak sound level at a desirable seat in such a concert is not likely to exceed a value of 100 dB ... that peak sound levels of 100 dB would correspond to peak powers of 5.0 watts"

Ein Blick auf die Leistung von Lautsprecher und Ausgangsübertrager helfen uns bei der Bestimmung der Leistungsparameter eines günstigen Verstärker mit günstigem Lautsprecher.

Lautsprecher

Der Trioden Amp bekommt seine eigene Lautsprecherbox. Die 2 Watt des Trioden Amp sollen möglichst viel Lautstärke liefern, d.h. der Wirkungsgrad der Lautsprecherbox spielt eine Rolle. Die Lautsprecherbox enthält einen Lautsprecher. Das folgende Diagramm zeigt den Frequenzverlauf von verschiedenen Lautsprechern der Firma Jensen:


Die rote Linie ist Frequenzgang des Jensen MOD 6-15 Lautsprecher mit 6" Durchmesser, die blaue Linie ist Jensen MOD 8-20 mit 8", die grüne Linie Jensen MOD 10-35 mit 10" und die gelbe Linie ist Jensen MOS 12-35 mit 12". Große Lautsprecher sind besser für niedrige Frequenzen geeignet und kleine besser für hohe Frequenzen - so die allgemeine Erkenntnis. Die gezeigten Lautsprecher liefern alle zwischen 75Hz und 6kHz eine "Sound Pressure" von 85dB und mehr. Der kleinste arbeitet bis 10kHz, der größte bis 55Hz. Die Gemeinsamkeiten sind größer als die Unterschiede. Alle Jensen MOD Lautsprecher haben eine "Delle" bei ungefähr 400Hz.

Hier der Frequenzgang des 4" Visaton R 10 S Lautsprecher mit 8 Ohm:

Der Visaton liefert zwischen geschätzt 120Hz und 12kHz eine "Sound Pressure" von 85dB und mehr.

Neben Frequenzgang sind der Wirkungsgrad und die Empfindlichkeit wichtig. Die Werte sind für 8 Ohm Lautsprecher:

Lautsprecher
Resonance Frequency
Reference Efficiency Sensitivity@1W,1m Total Q Factor
Visaton R 10 S
135 Hz
?
90 dB
?
Jensen MOD 6-15
89.9 Hz
0.48 % 89.9 dB 1.23
Jensen MOD 8-20 119.4 Hz
0.72 % 93.2 dB 2.24
Jensen MOD 10-35 107 Hz
1.39 % 94.1 dB 1.75
Jensen MOD 12-35
73.5 Hz
1.23%
93.7 dB
1.54

Martin Lembke schreibt über Wirkungsgrad (SPL) oder Sensitivity: "Ein Unterschied von 10dB entspricht der doppelten Lautstärke, einer von 3dB ist gerade wahrnehmbar". Der Visaton und der kleine 6-15 Lautsprecher unterscheiden sich von den anderen Lautsprechern. Den Visaton habe ich testweise in einen Schuhkarton mit Außenmaße 35cm, 21cm, 12cm und Volumen 8,8 Liter eingebaut.

Boucherot-Glied

Der Lautsprecher ist elektrisch gesehen eine Spule (Induktivität) in Reihe zu einem Widerstand, eine RL-Schaltung. Dieses Modell erklärt das Ansteigen der Impedanz mit der Frequenz, aber nicht die Resonanzfrequenz. Das Diagramm von Jensen zeigt wieder vier Jensen MOD Lautsprecher:

Das RL-Modell beschreibt die Lautsprecher ab 200Hz. Ein Boucherot-Glied oder Zobel-Glied ist ein RC-Glied parallel zu dem Lautsprecher um aus der frequenzabhängigen Impedanz des Lautsprechers einen möglichst frequenzunabhängigen Widerstand zu machen. Meiner Meinung nach gehört das Boucherot-Glied direkt an den Lautsprecher gelötet. Einfach weil das Boucherot-Glied abhängig von den Lautsprecher Parametern ist, nicht abhängig von den Verstärker Parametern.

Das RL-Verhalten kann besonders einem Verstärker mit Gegenkopplung Probleme machen. Durch die Induktivität am Ausgang des Verstärkers KANN eine Gegenkopplung zur Mitkopplung mutieren und für "häßliche" Töne aus dem Verstärker sorgen. Oft nur für bestimmte Frequenzen und Lautstärken, d.h. zwischendurch kommt Mitkopplungs-Gekreische aus dem Verstärker.

Das Boucherot-Glied wird berechnet nach R'=R, d.h. der Widerstand im RC-Glied ist so groß wie der Widerstand im RL-Glied, dem Lautsprecher. C'=L/R², die Kapazität wird aus Widerstand und Induktivität berechnet. Jensen liefert die Parameter für Berechnung des Boucherot-Glieds. Hier für die 8 Ohm Impedanz Varianten:

Lautsprecher
R
L
C'
Jensen MOD 6-15
6,64 Ohm
0,43 mH
9,8 uF
Jensen MOD 8-20
6,5 Ohm
0,4 mH
9,5 uF
Jensen MOD 10-35
6,7 Ohm
0,52 mH
11,6 uF
Jensen MOD 12-35
6,71 Ohm
1,14 mH
25,3 uF

Im folgenden Schaltbild ist L1 der Lautsprecher, genau der Jensen MOD 8-20. Das Boucherot-Glied besteht aus C1 und R1. Ich habe die nächsten Normwerte benutzt.


Die Lautsprecher-Anschlüsse sind Speaker+ und Speaker-. Als Kondensator darf kein "normaler" oder bipolarer Elko benutzt werden. Am besten ist Folienkondensator wie MKP oder Vielschicht-Keramik Kondensator. Der Verstärker wird durch Spannungsquelle V1 simuliert.

Ist ein Boucherot-Glied nötig? Nach meinen Messungen braucht der 12" Jensen MOD 12-35 ein 6,8 Ohm/22 uF Boucherot-Glied, der kleinere 8-20 nicht. Paul Klipsch sagt im Artikel "Klipschorns Out of the Corner & into the limelight": "We placed an 8.2-ohm resistor in series with a 2 uF capacitor and strapped them across the plus and minus terminals of the mid/hi crossover networks".

Andere Autoren empfehlen das Boucherot-Glied nicht in der Lautsprecherbox sondern im Verstärker. Falls im Betrieb das Lautsprecherkabel abgezogen wird, dann soll das Boucherot-Glied noch etwas Last für den Ausgangsübertrager darstellen und Spitzenentladung verhindern.

Lautsprecherbox

Ein Lautsprecher "nackt" auf dem Arbeitstisch klingt bescheiden. Es gibt einen akustischen Kurzschluß zwischen der Vorderseite der Membrane und der Rückseite der Membrane. Die einfachste Lautsprecherbox ist somit eine unendlich große Wand mit einem Loch für den Lautsprecher um akustischen Kurzschluß zu verhindern. Leider ist unendlich große Wand schwer zu finden. Martin Lembke hat einen fundierten Artikel über Schallwand geschrieben. Er versteht die Kombination Verstärker und Schallwandler einmal als Energieübertragung, zweitens als Informationsübertragung. Zur Energieübertragung gehören Klirrfaktor und Frequenzgang. Zur Informationsübertragung gehört der Oberwellen-Trick: unser Gehirn kann aus den Oberwellen den Grundton "ableiten". Die Oberwellen können im Audiomaterial enthalten sein, oder können im Verstärker erzeugt werden um dem Schallwandler zu "helfen". Dies ist bestimmt Teil des "Röhrenklangs": die "richtigen" Oberwellen erzeugen.

Die zweite Lösung ist ein Kasten. Einige Boxenbauer orientieren sich an Musikinstrumenten wie Geige, Kontrabass, akustische Gitarre usw. und sagen: "die Wände der Box schwingen mit". Andere Boxenbauer suchen den "absoluten" Klang und bauen die Box aus mindestens 18mm MDF Platten damit nur die Membrane schwingt und sonst nichts. Ich selbst bevorzuge "lebendige" Lautsprecherboxen, d.h. das Gehäuse ist ein Resonanzkörper. Man kann am Gehäuse die Baßtrommel mit der Hand fühlen.

Für einen ersten Test baue ich Lautsprecher in einen Schuhkarton oder in einen Umzugkarton. Natürlich ist dieses Testgehäuse nicht luftdicht. Und für den ersten Test benutze ich kein Dämmmaterial. Nun kann der Lautsprecher mich in dieser "worst case" Umgebung entweder erfreuen oder enttäuschen.

Der Lautsprecher sollte in Kopfhöhe sein. Entweder stellt man die Lautsprecherbox ins Regal, nutzt einen Boxenständer oder baut die Lautsprecherbox schlank und hoch. Meine Lautsprecherbox für den Jensen MOD 8-20 ist 135cm hoch, 26cm breit und 25cm tief. Das Volumen ist knapp 88 Liter. Die Mitte des Lautsprechers liegt 113cm über dem Boden. Der 8" Lautsprecher "braucht" keine 88 Liter Volumen. Die Lautsprecherbox kann auch mit Höhe 125cm, Breite 26cm, Tiefe 13cm und Volumen 42 Liter gebaut werden. Die Seitenwände der Box bestehen aus 4mm Pappel-Sperrholz. 4mm Kiefern-Sperrholz ist auch geeignet. In den Ecken sind 20mm auf 20mm Kiefernleisten eingeleimt. Holzschrauben halten die Teile zusammen bis der Leim fest ist. Boden und Deckel sind aus 13mm dickem Holz. Der Boden ist 36cm auf 36cm groß und gibt Standfestigkeit. Der Deckel ist 27cm auf 26cm um einen kleinen Überstand zu geben. Wenn der Lautsprecher "arbeitet", dann schwingt das dünne Pappelholz mit. Für mich ist das gut und richtig. Meine Lautsprecherbox ist groß und trotzdem leicht.




Bild links: Visaton R 10 S testweise in Schuhkarton gebaut
Bild mitte und rechts: Jensen MOD 8-20 in Pappel-Sperrholz Box

Die Lautsprecherbox läßt sich leicht auf Bassreflexbox umbauen. Für den Test habe ich Bücher benutzt:



Die Öffnung ist 17cm x 3cm bzw. 8 square inch. Im Buch "Loudspeakers" von G.A. Briggs (5. Auflage 1958) steht auf Seite 329 Information über die Größe der Bassreflex-Öffnung:



Briggs schreibt auf Seite 199 über die Größe der Bassreflex-Öffnung: "It can be seen that the effect of the port radiation is to augment the output for about 1,5 octaves above the resonance frequency".



Im gleichen Buch wird auf Seite 216 ein "Column Speaker"  240cm x 49cm x 34cm vorgestellt. Oben ist diese Lautsprecherbox offen wie eine Orgelpfeife aus Holz:



Bild: Säulenlautsprecher nach dem Prinzip der Orgelpfeife

Ich habe Bassreflex und Orgelpfeife bei meiner Box ausprobiert. Beides funktioniert und ist klanglicher besser als geschlossene Box. Bassreflex gibt meiner Meinung nach mehr Schutz vor Staub.

Für einen 12" Lautsprecher nutze ich eine 5 Kubikfuß Box. Höhe 135cm, Breite 36cm und Tiefe 29cm ergeben 141 Liter Volumen. Aus 4mm Pappelsperrholz mit 20mm Kiefernleisten in den Ecken ist diese große Box immer noch leicht.

Bemerkung: Die Firma Wharfedale von ehemals G.A. Briggs ist immer noch im Geschäft. Der Wharfedale Linton 85 ist eine 55 Liter 3-Wege Bassreflexbox in traditioneller Gehäuseform (höher als breit, breiter als tief).  Bestückung ist 8", 5" und 1".

Ausgangsübertrager

Der Ausgangsübertrager ist - besonders bei SE Verstärkern - oft das teuerste Bauteil. Ich verwende den Hammond 125BSE. Günstiger ist der Tube-Town "TT-OT25BSE". Beide Übertrager sind für maximal 5 Watt Leistung ausgelegt. Der Ruhestrom durch die Übertrager und damit durch die Endröhre darf 45mA betragen. Diese Werte sind typisch für eine EL84. Die obere Grenzfrequenz ist beim 125BSE sogar im schlechtesten Fall bei einer Übersetzung von 10kOhm auf 8 Ohm kein Problem weil über 30kHz. Die untere Grenzfrequenz ist bei 2500 Ohm zu 8 Ohm deutlich besser als bei 5000 Ohm zu 8 Ohm.

Die Pentode EL84 braucht laut Datenblatt einen (komplexen) Anodenwiderstand von 5200 Ohm bei Triode SE Betrieb. Die Pentode PL84 braucht einen Anodenwiderstand von 2400 Ohm bei SE. Die EL84 und EL86 haben 6,3V Parallelspeisung. Die EL84 oder PCL86 wird mit Einstellung 5000 Ohm betrieben, die EL86 oder PL84 wird mit 2500 Ohm betrieben. Die EL86 oder PL84 kann auch mit Einstellung 5000 Ohm betrieben werden. Dann sinkt die Ausgangsleistung und der Lautsprecher "damping factor" steigt.

Koppelkondensator

Für mich - und bestimmt für viele andere - ist das "Radiotron Designer's Handbook Third Edition" von 1941 eine Authorität für Röhrenschaltungen. Schon im Kapitel 1 auf Seite 4 gibt es eine Tabelle zum Thema Gitterwiderstand und Koppelkondensator. Für 250 Kiloohm wird 0,1uF als Kondensator genannt. Mein Verstärker hat aber nur 0,022uF oder 22nF. Warum? Die Fußnote im Radiotron erklärt: "On the basis of approximately 1dB loss per stage at 12.5 c/s". Weder mein Lautsprecher noch mein Ausgangsübertrager können 12,5 Hz liefern ...

Von Amp Books gibt es den Coupling Capacitor Calculator. Wir rechnen das RC Glied R4, C4 aus dem PL508 PCC88 Verstärker nach. Als "output impedance" nehmen wir den Innenwiderstand der PCC88. Mit mu=33, S=12.5 ma/V und Ri=mu/S ist 2.64 kOhm schnell ausgerechnet. Der Koppelkondensator hat 22nF oder 0.022 uF. Der Gitterwiderstand Rv ist 330 kOhm und bei einem Festwiderstand ist Volume setting 100%. Nach "recalculate" zeigt uns der Rechner einen Gain (Dämpfung) von -0.36 dB bei 82 Hz. Nach dem Spruch "ein dB ist kein dB" sind wir zufrieden.

Gleichrichterröhre

Ein historischer Röhrenverstärker hat einen Röhrengleichrichter. Einige Personen finden Röhrengleichrichter nötig für Röhrenklang. Das mag bei schlecht dimensionierten Netzteilen mit Röhrengleichrichter sogar korrekt sein. Der Hörer gewöhnt sich an den Spannungseinbruch des Netzteils, wenn die Endröhren Strom ziehen. Meiner Meinung nach sollte auch ein Netzteil mit Röhrengleichrichter niederohmig sein und bei Volllast noch fast die volle Speisespannung liefern.

Zu den hochohmigen Röhrengleichrichtern werden keine Snubber-Kondensatoren parallel geschaltet. Bei niederohmigen Halbleitergleichrichter sind Snubber-Kondensatoren nötig um Störsignale aus dem Netzteil zu verhindern. Auch ist die Brückenschaltung mit vier Halbleiterdioden viel häufiger als Brückenschaltung mit Röhrengleichrichter.

Sinnvolle Anforderungen

Der einfachste Sparposten ist Halbleiter-Gleichrichter statt Röhrengleichrichter. Eine Frequenzgang Anforderung von 100Hz bis 10kHz ist erreichbar mit günstigen Ausgangsübertrager, günstigem Lautsprecher und "großer" Lautsprecherbox. Eine Bassreflexbox sollte "good fidelity" von 60Hz bis 10kHz erreichen. Ein kleiner 4" Lautsprecher wie der Visaton R 10 S hat am unteren Ende Schwierigkeiten. Ein größerer 8" Lautsprecher wie der Jensen MOD 8-20 am oberen Ende. Die Definition der Grenzfrequenz hat ihre "Spezialitäten". Ein Detail ist die Referenzfrequenz und die Wellenform. Das ist üblicherweise 1kHz Sinuston. Wird dB für Spannungspegel benutzt, dann ist 6dB Abfall die halbe Lautstärke. Für dB Leistungspegel ist 3dB Abfall die halbe Lautstärke. Wird der Höreindruck benutzt, dann kann halbe Lautstärke auch 9dB Abfall Spannungspegel bedeuten. Oder 1dB Abfall als Grenzfrequenz definieren wie einige Highest Fidelity Anhänger es machen? Die Definition Grenzfrequenz bei 6dB Spannungspegel Abfall ist am Verstärker leicht zu messen. Beim Lautsprecher ist Leistungsmessung üblich. Neben den Grenzfrequenz Werten gibt es auch den Höreindruck. Der Höreindruck ist gut, wenn untere und obere Grenzfrequenz zusammen passen. Das Telefonnetz arbeitet mit Grenzfrequenzen 300Hz und 3400Hz, d.h. hohe untere Grenzfrequenz und niedrige obere Grenzfrequenz. Nach meiner Meinung passen die Werte 100Hz und 10kHz auch gut zusammen.

Zusammenfassung

Frihu schrieb November 2014: "Wenn Klang nicht klingt, wie klingt dann Klang? Also HiFi-mäßig. Und überhaupt: Darf HiFi überhaupt klingen? Wenn’s nicht klingen darf, was ist mit dem Klang? Andersrum: Wenn’s klingt habe ich Klang. Kling-Klang.
Verwirrend? Machen Sie sich nichts draus. Das ist normal. Willkommen im Club der Spinner, Verrückten und den permanent gespaltenen Persönlichkeiten."

Bei 0% Klirrfaktor (THD) ist die Sache einfach: ein solcher (Halbleiter-)Verstärker klingt neutral. Meine Theorie für guten Klang bei (Röhren-)Verstärker ist: streng monoton fallende Harmonische, d.h. die dritte Harmonische ist kleiner als die zweite, die vierte ist kleiner als die dritte usw. Meine Röhrenmodelle sind gut, aber nicht perfekt. Deshalb sage ich mit kleiner Unsicherheit: Bis zu einer Ausgangsleistung von ungefähr 2 Watt lassen sich, mit wenig Geld, Single Ended UND Gegentakt Verstärker mit streng monoton fallende Harmonische bauen. Die größte Erkenntnis meiner Simulationen ist die Wichtigkeit des Röhreninnenwiderstand Ri. Die 2A3, 300B und KT88 in Triode-Schaltung sind bekannte niederohmige Röhren. Die von mir benutzen PL508/EL508 und EL86/PL84 sind auch niederohmige Röhren. Bei niederohmigen Röhren und Trioden-Schaltung ist keine Gegenkopplung nötig. Der Feinschliff für streng monoton fallende Harmonische erfolgt in der Vor- und Treiberstufe. Die Röhre UND der Arbeitspunkt sind wichtig. Der Satz "Pentoden liefern k3, Trioden liefern k2" ist ein AUSGANGSPUNKT, aber nicht die ganze Geschichte.

Neben Trioden-Schaltung gibt Ultra-Linear Schaltung und QUAD Schaltung für Pentoden und Beam-Tetroden guten Klang. Für Lautstärke ist Pentoden Schaltung richtig. Siehe meine Seite Röhrenverstärker.

Verstärker, Lautsprecherbox und Raum sollen aufeinander abgestimmt werden. Der Raum bzw. der Aufstellungsort der Box ist wichtiger Teil des Höreindrucks. Tiefen- und Höheneinstellung mit "Kuhschwanz" (Baxandall) Einsteller oder Fender Tiefen/Mitten/Höhen Einsteller sind dann nicht nötig. Eventuell die 8 Ohm Box mit den 4 Ohm Anschluß des Verstärker verbinden für höheren Dämpfungsfaktor.

Mit Absicht gibt es auf dieser Seite nur Schaltungen mit RC-Kopplung, individuellen Kathodenwiderstand und keinen "fixed bias". Diese Schaltungsart ist robust gegen Bauteiletoleranzen und Bauteilealterung. Weiterhin ist die dadurch die Kopplung der Stufen minimal.

Das Netzteil wurde mit LTSpice simuliert und auf niedrige Brummspannung optimiert. Für die vorgestellten Röhrenverstärker PCL 86 und PL508 PCC88 wurde zuerst keine Simulation durchgeführt, aufbauen, anhören und ändern schon. Beim EL86 ECC81 Verstärker wurde zuerst ausführlich simuliert. Es gab kein Durchmessen mit Sinussignal oder Rechtecksignal. Für mich sind die Details von Höreindruck nicht auf dem Oszilloskop zu sehen. Genauer: wenn ich Verstärker-Fehler auf dem Oszi sehe, dann ist der Verstärker einfach nur schlecht. Berechnungen waren sehr einfach. Dafür gab es viel Rückgriff auf meine Erfahrung aus 50 Jahre Elektronikbasteln. Die Schaltungen sind das Ergebnis von zielgerichteten Experimentieren. Die Bauteile-Werte an die benutzten Röhren und meinen Musikgeschmack anpassen war wichtig, ein Aufbau nach Hochfrequenz-Regeln ebenfalls. Das Netzteil bietet Glättung, aber keine Stabilisierung. Meiner Meinung nach entsteht aus Lautsprecher mit guten Wirkungsgrad, Klasse A Ultra-Linear und QUAD Amp mit schlechtem Wirkungsgrad und Netzteil ohne Stabilisierung das bestmögliche Preis/Leistungsverhältnis. Nicht nur "keep it simple, stupid" und "most bang for the buck" sondern auch "no global feedback". Während ich diese Zeilen schreibe höre ich Göran Söllscher und andere Musiker auf der Anlage. Mein Urteil: Lautsprecher und Verstärker haben keinen eigenen Klang. Die Wiedergabe ist sauber, "nuschelnde" Sänger sind gut zu verstehen, Schlagzeug ist "trocken", volle Lautstärke kann man anhören, ist aber schon über meiner Schmerzschwelle, d.h. besser als mit jeder anderen Lautsprecherbox und Verstärker die ich je hatte. Bei dem 4" Visaton fehlt mir etwas Bass und Lautstärke. Der 8" Jensen MOD in der 88 Liter Lautsprecherbox bringt mehr Bass und mehr Lautstärke bei gleicher Klarheit. Die PL508 hat bei 2500 Ohm Übertrager-Impedanz einen Lautsprecher Dämpfungsfaktor von 2,8, bei 5000 Ohm von 5,6. Die unterschiedliche Dämpfung ist zu hören. Je nach Signal ist die eine oder die andere Einstellung besser. Für beide Lautsprecher gilt: ich höre nun Fehler der Aufnahme - eine gute Anlage will auch gutes Audiomaterial. Dadurch ändert sich im Einzelfall welche YouTube Version eines Stückes für mich das Beste ist.

Die wichtigste Erfahrung aus 50 Jahren Elektronikbasteln ist: "mehr hilft mehr" ist falsch. Es gibt immer einen optimalen Wert für jedes Bauteil. Bei den vorgestellten Verstärkern ist 20% Abweichung vom angegebenen Wert wenig Problem und für Elkos auch typisch. Wichtig ist es die Spannungswerte für Kondensatoren und die Leistungswerte für Widerstände einzuhalten. Für Widerstände genügt 5% Toleranz.

Song Liste

Hier einige Stücke von YouTube um verschiedene Eigenschaften von Verstärker und Lautsprecherbox zu hören:

Marching Band, Fleetwood Mac, Tusk
Gitarre, Gesang, Alice Merton, No Roots
Orgel, Karl Richter, J.S. Bach BWV 565
Flöte, Dudelsack, André Rieu und Orchester, Amazing Grace
Akustische Gitarre, Göran Söllscher, J. S. Bach BWV 1007
Cello und Gitarre, Joe Bonamassa & Tina Guo, Woke Up Dreaming
Elektrische Gitarre, Blues, Stevie Ray Vaughan, Voodoo Child
Elektrische Gitarre, Metal, Daniel Varfolomeyev, J. S. Bach BWV 565
Klarinette, Acker Bilk, Stranger on the Shore
Querflöte, Jethro Tull, J. S. Bach Bourée
Hammond Orgel, The Animals, House of the rising sun
Schlagzeug, Phil Collins und Solisten, Drums, Drums & More Drums
Schlagzeug, Joe Morello, The great drum solo
Synthesizer, Emerson, Lake & Palmer, Peter Gunn Theme
Synthesizer, Jean Michel Jarre, Oxygene II live
Orchester, Jelle Boesveld, Vangelis Conquest of Paradise
Pfeifen, Scorpions, Wind of Change
Gesang männlich, Geoff Castellucci, Far over the misty mountains cold
Gesang männlich, Jesus Christ Superstar, This Jesus must die
Gesang männlich, Disturbed, The Sound of Silence
Gesang männlich, Leonard Cohen, Hallelujah
Gesang weiblich, Gianna Nannini, Bello e impossibile
Gesang weiblich, Whitney Houston, I will always love you
Gesang weiblich, Inva Mula, The Fifth Element Diva dance

Der harte Plektrum-Anschlag in "No Roots" war schwierig für den PL508 PCC88 Verstärker bei voller Lautstärke und 2,5kOhm zu 8ohm Übertrager. Bei 5kOhm zu 8ohm klingt es besser. Ein gutes Beispiel für die Notwendigkeit von Lautsprecherdämpfung.

Der EL86 ECC81 PP Verstärker hat direkt nach Aufbau gut funktioniert. Beim Fleetwood Mac Stück "Tusk" hat der Verstärker bei voller Lautstärke "Knistergeräusche" bei Liedanfang und Einzug der Marching Band produziert. Ursache war gemeinsamer Kathodenwiderstand der Endröhren mit Elko. Manchmal ist ein Energiespeicher mehr Nachteil als Vorteil.

Später hat Lautsprecherbox bei EL86 ECC81 PP, "Tusk" und voller Lautstärke "gerappelt". Durch AÜ-Wicklung an Endröhre-Kathode (ähnlich QUAD Schaltung) ist dies verschwunden.

Anhang: Meine LTSpice Elektronenröhre Modelle

Das alte LTSpice Triode Modell habe ich 2014 entwickelt, dies ist die neue Version von 2024. Hilfreich waren die Informationen von Norman L. Koren. Aktueller ist die Arbeit von Adrian Immler von 2018. Gelobt werden auch die Modelle von Ayumi Nakabayashi. John Harper beschreibt die Röhren Formeln. Kern von jedem Triode Modell ist die Child-Langmuir Formel Ia=S*(Va/mu+Vg)**1.5. Dabei ist Ia=Anodenstrom, S=Steilheit in mA/V, Va=Anodenspannung, mu=Spannungsverstärkungsfaktor und Vg=Gitterspannung.
Kern meiner LTSpice Modelle sind vier Funktionen: f() enthält eine erweiterte Child-Langmuir Formel. Funktion Ia() vervollständigt f() zur Ia Formel mit der Stromverteilungsformel nach Franz Tank "Zur Kenntnis der Vorgänge in Elektronenröhren" von 1922, Ign() ist die Formel für negative Gitterspannung und Igp() für positive Gitterspannung. Der Übergang von negative auf positive Gitterspannung findet bei Spannung Vw statt. Bei dieser Spannung ist der Strom bei beiden Formeln Ign() und Igp() gleich.
In f() wird S*(Va/mu+Vg+Vc)**m anstelle von S*(Va/mu+Vg)**1.5 benutzt. Die Kontaktspannung Vc wurde von van der Bijl im Buch "The thermionic vacuum tube and its application" von 1920 beschrieben: "represents an intrinsic potential difference between the filament and the system constituted by the grid and plate". Terman schreibt im Buch "Electronic and Radio Engineering" von 1955: "a correction to take into account the contact potential existing between plate and cathode and also the effective velocity of emission of the electrons. Each of these corrections ordinarily amounts to less than 1 volt".
Van der Bijl schreibt 1920 über den Exponent 1.5: "This is the so-called 3/2-power equation first derived by Child ... The logarithmic plot of the characteristic is steepest at the lower voltages where the slope may be as high as 2,5. As the voltage increases the slope of the logarithmic plot decreases until finally it becomes less than unity when saturation is approached."
Meiner Meinung nach ist die Änderung des Exponenten keine gute Erweiterung der Child-Langmuir Formel. Nach etlichen Versuchen habe ich aus dem Ausdruck Va/mu den Audruck Va**q/mu gemacht mit q eine Konstante ungefähr 1,055. Aus S wurde S+dS*sqrt(uramp(-Vg)) mit dS eine  Konstante ungefähr 1.64e-3. Meine erweiterte van der Bijl Formel ist somit:
(S+dS*sqrt(uramp(-Vg)))*(Va**q/mu+Vg+Vc)**1.5.

Mein Röhrenmodell erzeugt zuerst für eine Gitterspannungs-Linie aus dem Datenblatt eine mathematische Näherungen (potenzielle Regression), meistens für Vg=0V. Dazu werden Va, Ia Werte aus dem Datenblatt gelesen und ins Spreadsheet eingetragen. Für eine zweite Gitterspannungs-Linie werden Va, Ia Paare ebenfalls ins Spreadsheet übertragen. Dann werden die passenden Werte von zuerst q und dann dS im Spreadsheet ermittelt. Dabei bestimmt q die Cutoff-Spannung, d.h. Va bei Ia=1uA und dS bestimmt die Steigung. Mit den Parametern können zwei Gitterspannungs-Linien in gute Deckung zwischen Simulation und Dartenblatt gebracht werden. Die Gitterspannungs-Linien dazwischen werden "gleichmäßig" verteilt. Das passt für Kerbgitter-Röhren besser als für Spanngitter-Röhren.

* Triode, Tetrode, Pentode:
* mu Spannungsverstaerkungs-Faktor aus Datenblatt
* S Steilheit für Vg0 aus Regression
* Vc Kontaktspannung für Vg0 aus Regression
* q Va Exponent, Morphing Parameter
* dS delta Steilheit, Morphing Parameter

* B Bedeckung Anode durch Schirmgitter bzw. Steuergitter
*
* Tetrode, Pentode:
* n Anode zu Schirmgitter Stromverteil Exponent
*
* Gitterdiode:
* Vw Uebergang von Anlaufstrom zu normalen Betrieb
* Vo Gitterdiode Durchlassspannung
* Io Gitterdiode Durchlassstrom


Ein Vorteil meiner Elektronenröhre Modelle von 2024 ist die leichte Bestimmung der fünf Parameter mu, S, Vc, q und dS. Mu steht direkt im Datenblatt. Die Werte für S und Exponent m werden durch eine potenzielle Regression der ersten Gitterspannungslinie bestimmt. Mit dem Spreadsheet Parameter Va Cutoff wird m auf den Wert 1,5 gebracht. Die zweite Gitterspannungslinie wird mit q und dS aus der ersten Linie "gemorpht". Dabei bestimmt q den Va Cutoff der zweiten Linie und dS die Steigung oder Steilheit. Ein LibreOffice Calc Rechenblatt (Spreadsheet) erleichert die Arbeit. Passen die Parameter im Spreadsheet, dann passen auch die Gitterspannungslinien im Diagramm.

Über die Stromverteilung zwischen Anode und Schirmgitter bei Pentode und Beam Tetrode schreibt Spangenberg im Buch "Fundamentals of Electron Devices" von 1957: "No simple analytical form of this function is known ... when plate voltage is zero, all the space current goes to the screen and none to the plate. When the plate voltage equals the screen voltage, the ratio odf plate to screen current will be nearly equal to the ratio of area between screen-grid wires to the projected area of the wires. Beyond this the ratio of currents will increase slowly with the ratio of voltages."

Die Stromverteilung nach Franz Tank für Trioden ist eine gute Näherung. Bei Tetroden und Pentoden ist die Stromverteilung zwischen Anode und Schirmgitter. Weiterhin wird anstelle der Quadratwurzel-Funktion eine Potenzfunktion benutzt: Ia/Ig2=(Va/Vg2)^n anstelle von Ia/Ig=sqrt(Va/Vg). Der Parameter n wird aktuell durch Ausprobieren bestimmt. Es gibt keine Wechselwirkung zwischen n und den anderen Parametern in meinen 2024 Elektronenröhren-Modellen.
Das folgende Spice Modell simuliert die Pentode E84L (EL84) in Triode-Schaltung, Pentode-Schaltung und natürlich auch in Ultra-Linear-Schaltung. Gitterdiode wird auch simuliert. Die E84L Diagramme:




Bild oben: E84L in Triode-Schaltung. Gitterspannungslinien Vg=0V und Vg=-15V haben beste Übereinstimmung.
Bild oben: E84L in Pentode-Schaltung. Gitterspannungslinie Vg=-8V hat beste Übereinstimmung.

Das LTSpice q3 Modell als Subcircuit:

.SUBCKT E84L A G2 G K
* 7320, G3=K, Siemens Datenblatt Version 2024-06-17
* q3 Modell Triode Vg=0V, -15V Pentode Vg=-8V
.param mu=18.5
.param S=3.07m Vc=-0.04 q=1.02 dS=-0.083m
.param B=0.115 n=0.86
.param Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {(S+dS*sqrt(uramp(-Vg)))*(Va**q/mu+Vg+Vc)**1.5} ; Va ist Vg2
.func Ia(Vg,Vg2,Va) {f(Vg,Vg2)*Va**n/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func Ig2(Vg,Vg2,Va) {f(Vg,Vg2)*B*Vg2**n/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func Igp(Vg) {Io*exp(Vg/Vo)}
Cg    G    K    10.0p
Ca    A    K    6.0p
Cag   A    G    0.5p
Ba    A    K    I=Ia(V(G,K),V(G2,K),V(A,K))
Bg2   G2   K    I=Ig2(V(G,K),V(G2,K),V(A,K))
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Igp(V(G,K)),100n) ; keine Stromverteilung mit Anode, Schirmgitter
.ENDS


Die E83CC oder 6057, 12AX7WA ist die Langlebe-Version der ECC83, die typische Vorstufe-Röhre und oft auch Treiber-Röhre in einem Gitarrenverstärker. Bei mu=100 sollte man nicht mehr "linear" erwarten.



Für die E83CC ist das van der Bijl Modell besser geeignet als das q3 Modell. Die schlechte Linearität der E83CC zeigt sich im Exponenten m=1,97. Die "linearen" Röhren haben m=1,5.

.SUBCKT E83CC A G K
* 6057, 12AX7WA, Siemens Datenblatt Version 2024-06-18
* van der Bijl Modell Vg=-2.5V
.param mu=100 ; aus Datenblatt
.param S=0.516m m=1.97 Vc=1.07
.param B=0.1 ; Bedeckung Anode durch Gitter
.param Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {S*(Va/mu+Vg+Vc)**m}
.func Ia(Vg,Va) {f(Vg,Va)*sqrt(Va)/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Ign(Vg,Va) {f(Vg,Va)*B*sqrt(uramp(Vg))/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Igp(Vg) {Io*exp(Vg/Vo)}
Cg    G    K    1.6p
Ca    A    K    0.46p
Cag   A    G    1.7p
Ba    A    K    I=Ia(V(G,K),V(A,K))
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Igp(V(G,K)),Ign(V(G,K),V(A,K)))
.ENDS

Die Fernseher Endstufen Pentoden wie PL508 sind als "linear" bekannt. Die PL508 hat wenig Information im Datenblatt, nicht einmal die Kapazitäten Cg und Ca werden angegeben. Das Ia=f(Va,Vg) Diagramm in Triode-Schaltung ist von Tube Data Libray PL508.



Das q3 Modell passt sehr gut zur PL508 - dafür wurde es auch entwickelt. Fehlende Daten wie Kapazitäten und Stromverteilung Anode zu Schirmgitter wurden von der E84L übernommen:

.SUBCKT PL508 A G2 G K
* EL508, G3=K, Tube Data Library, Philips Datenblatt Version 2024-06-17
* Vg1=0 Vg2=-30V
.param mu=8
.param S=2.30m Vc=1.19 q=1.07 dS=-0.288m
.param B=0.115 n=0.86
.param Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {(S+dS*sqrt(uramp(-Vg)))*(Va**q/mu+Vg+Vc)**1.5} ; Va ist Vg2
.func Ia(Vg,Vg2,Va) {f(Vg,Vg2)*Va**n/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func Ig2(Vg,Vg2,Va) {f(Vg,Vg2)*B*Vg2**n/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func Igp(Vg) {Io*exp(Vg/Vo)}
Cg    G    K    10.0p
Ca    A    K    6.0p
Cag   A    G    1.6p
Ba    A    K    I=Ia(V(G,K),V(G2,K),V(A,K))
Bg2   G2   K    I=Ig2(V(G,K),V(G2,K),V(A,K))
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Igp(V(G,K)),100n) ; keine Stromverteilung mit Anode, Schirmgitter
.ENDS

Kerbgitter-Röhren wie die E84L haben typisch q=1,02. Das q=1,07 der PL508 läßt auf Spanngitter-Röhre und/oder Beam Tetrode schließen. Eine andere "lineare" Röhre ist die PCC88. Die Spanngitter Trioden ECC88, PCC88, 6DJ8 und 7DJ8 haben gleiche Ia=f(Va,Vg) Diagramme im Datenblatt.



Drei Va, Ia Wertepaare von den Gitterspannungslinien Vg=0V und Vg=-10V werden in das LibreOffice Calc Rechenblatt eingetragen. Deshalb haben diese beide Linien gute Übereinstimmung. In der Mitte bei Vg=-5V gibt es die größte Abweichung zwischen q3 Modell und Datenblatt. Das PCC88 Modell:

.SUBCKT PCC88 A G K
* 7DJ8, ECC88, 6DJ8, Philips Datenblatt Version 2024-06-19
* q3 Modell Vg=0V, -10V
.param mu=33
.param S=5.75m Vc=0.31 q=1.035 dS=-1.09m
.param B=0.1
.param Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {(S+dS*sqrt(uramp(-Vg)))*(Va**q/mu+Vg+Vc)**1.5}
.func Ia(Vg,Va) {f(Vg,Va)*sqrt(Va)/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Ign(Vg,Va) {f(Vg,Va)*B*sqrt(uramp(Vg))/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Igp(Vg) {Io*exp(Vg/Vo)}
Cg    G    K    3.3p
Ca    A    K    1.8p
Cag   A    G    1.4p
Ba    A    K    I=Ia(V(G,K),V(A,K))
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Igp(V(G,K)),Ign(V(G,K),V(A,K)))
.ENDS


Die Röhrenentwicklung erfolgte in Europa bis zur PL519 im Jahr 1970. Die PL508 gibt es seit 1966, die PCC88 seit 1956. Natürlich waren Fernseher-Röhren stark von Preis-/Leistungs-Denken beeinflußt. Meiner Meinung nach war der mittlere Stand der Technik von 1966 bei Röhren höher als der beste Stand der Technik 1939. Oder anders gesagt: die PCC88 mag eine "billige" Spanngitter-Röhre mit "schlechten" Toleranzen sein, aber 1939 gab es auch für beliebig viel Geld keine Spanngitter-Röhre.

Das EL86 Ia=f(Va,Vg) Diagramm für Triode-Schaltung:



Die EL86 passt nicht so gut zum q3 Röhrenmodell wie PL508 und PCC88. Seit 1956 gibt es diese niederohmige Endpentode. Gegen die hochohmige E84L dürfte sich die EL86 bei Triode-Schaltung Verstärker durchsetzen. Nach Tests mit PP 508, ECC81 und PP EL86, ECC81 liefern beide Verstärker guten Klang. David Hafler schrieb 1956 über einen EL34 Ultra Linear Amp: "Pentode. It has a suppressor grid which controls the space charge in the tube and provides a high order of linearity under reactive loading conditions. This type of performance is superior to that of beam tetrodes which tend to show increased distortion under speaker loading conditions." Die EL86 wurde für Audio entworfen, die PL508 wurde zehn Jahre später entwickelt mit einer größeren Wissensbasis. Das EL86 Modell:

.SUBCKT EL86 A G2 G K
* G3=K, Philips, Mullard Datenblatt Version 2024-06-17
* q3 Modell Vg=0V, -30V
.param mu=8
.param S=2.58m Vc=0 q=1.04 dS=-0.287m
.param B=0.115 n=0.86
.param Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {(S+dS*sqrt(uramp(-Vg)))*(Va**q/mu+Vg+Vc)**1.5} ; Va ist Vg2
.func Ia(Vg,Vg2,Va) {f(Vg,Vg2)*Va**n/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func Ig2(Vg,Vg2,Va) {f(Vg,Vg2)*B*Vg2**n/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func Igp(Vg) {Io*exp(Vg/Vo)}
Cg    G    K    13p
Ca    A    K    6.8p
Cag   A    G    0.6p
Ba    A    K    I=Ia(V(G,K),V(G2,K),V(A,K))
Bg2   G2   K    I=Ig2(V(G,K),V(G2,K),V(A,K))
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Igp(V(G,K)),100n) ; keine Stromverteilung mit Anode, Schirmgitter
.ENDS


Die E88CC oder 6922 ist eine weitere "lineare" Doppeltriode welche auch wieder produziert wird, z.B. von Electro Harmonix oder JJ. Achtung: Die ECC88 und E88CC unterscheiden sich deutlich in der maximalen Anodenspannung. Bei ECC88 und PCC88 ist Va=130V, bei E88CC ist Va=250V und bei Electro Harmonix 6922 sogar Va=300V. Hier das Ia=f(Va,Vg) Diagramm:



Typisch für meine Morphing-Formeln ist, daß zwei Linien gute Übereinstimmung haben. Für E88CC sind dies Vg=0V und Vg=-6V. Die anderen Linien haben Abweichungen. Der Subcircuit:


.SUBCKT E88CC A G K
* 6922, JJ Datenblatt Version 2024-06-17
* Vg1=0V Vg2=-6V
.param mu=33
.param S=5.05m m=1.50 Vc=0.22 q=1.055 dS=-1.64m
.param B=0.1
.param Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {(S+dS*sqrt(uramp(-Vg)))*(Va**q/mu+Vg+Vc)**m}
.func Ia(Vg,Va) {f(Vg,Va)*sqrt(Va)/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Ign(Vg,Va) {f(Vg,Va)*B*sqrt(uramp(Vg))/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Igp(Vg) {Io*exp(Vg/Vo)}
Cg    G    K    3.1p
Ca    A    K    1.75p
Cag   A    G    1.4p
Ba    A    K    I=Ia(V(G,K),V(A,K))
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Igp(V(G,K)),Ign(V(G,K),V(A,K)))
.ENDS


Die ECC99 ist eine Doppeltriode welche seit 1999 produziert wird. Mit mu=22 ist sie eine "lineare" low-mu Doppeltriode, so wie die seit 1941 produzierte 6SN7GT. Wegen dem Exponenten 3/2 ist im engen Sinn keine Triode linear. Nur der Exponent 1 ist linear. Natürlich ist ein Exponent von 1,5 "linearer" als ein Exponent von 2,5. In diesem Bereich bewegen sich die üblichen Elektronenröhren. Hier das Ia=f(Va,Vg) Diagramm der ECC99. Die farbigen Linien sind die Simulation, die schwarzen gehören zum Datenblatt. Im Datenblatt verläuft üblicherweise eine Arbeitsgerade von rechts unten nach links oben, d.h. Abweichungen zwischen Datenblatt und Simulation rechts oben sind nicht relevant.



Bild: ECC99 Modell mit bester Übereinstimmung bei Vg=0V und Vg=-16V.

Das q3 Modell ist nicht gut für kleine Gitterspannung der ECC99 geeignet. Auf der anderen Seite erreicht die ECC99 bei spätestens Versorgungsspannung 300V ihre Verlustleistungsgrenze von 5 Watt pro Triode nach meiner Simulation. Das ECC99 Subcircuit:

.SUBCKT ECC99 A G K
* JJ Datenblatt Version 2024-06-19
* q3 Modell Vg=0V, -16V
.param mu=22
.param S=3.50m Vc=-0.03 q=1.02 dS=-0.5m
.param B=0.1
.param Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {(S+dS*sqrt(uramp(-Vg)))*(Va**q/mu+Vg+Vc)**1.5}
.func Ia(Vg,Va) {f(Vg,Va)*sqrt(Va)/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Ign(Vg,Va) {f(Vg,Va)*B*sqrt(uramp(Vg))/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Igp(Vg) {Io*exp(Vg/Vo)}
Cg    G    K    5.1p
Ca    A    K    5.8p
Cag   A    G    0.91p
Ba    A    K    I=Ia(V(G,K),V(A,K))
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Igp(V(G,K)),Ign(V(G,K),V(A,K)))
.ENDS


Die ECC81 oder 12AT7 hat "hohe Verstärkung, niederer Innenwiderstand" laut Radiomuseum. Für mich sind E88CC und ECC81 bessere Alternativen zu ECC83, wenn es um HiFi geht. Das Ia=f(Ua,Ug) Diagramm aus dem Philips Datenblatt mit eingezeichneten q3 Röhrenmodell:



Das q3 Modell der ECC81:

.SUBCKT ECC81 A G K
* 12AT7, Philips Datenblatt Version 2024-06-18
* q3 Modell Vg=0V, -8V
.param mu=60
.param S=1.64m Vc=0.82 q=1.051 dS=-0.386m
.param B=0.1
.param Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {(S+dS*sqrt(uramp(-Vg)))*(Va**q/mu+Vg+Vc)**1.5}
.func Ia(Vg,Va) {f(Vg,Va)*sqrt(Va)/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Ign(Vg,Va) {f(Vg,Va)*B*sqrt(uramp(Vg))/(sqrt(Va)+B*sqrt(uramp(Vg)))}
.func Igp(Vg) {Io*exp(Vg/Vo)}
Cg    G    K    2.3p
Ca    A    K    0.45p
Cag   A    G    1.6p
Ba    A    K    I=Ia(V(G,K),V(A,K))
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Igp(V(G,K)),Ign(V(G,K),V(A,K)))
.ENDS


Die EL86 und die PL508 sind wahrscheinlich die besten 12W Pentoden für Triode-Schaltung. Beide Pentoden sind in Triode-Schaltung niederohmig wie 2A3, 300B oder KT88. "Pragmatiker" schrieb in HiFi-Forum: "Wenn man mit sehr wenig bis gar keiner Über-Alles-Gegenkopplung fahren will, dann muß der Innenwiderstand der Endstufe so klein wie möglich sein - und dann scheiden Pentoden meistens aus. Bei Zeilenendröhren führt der Triodenmodus einer eh schon relativ niederohmigen Röhre (verglichen mit 'normalen' Leistungspentoden) nochmals zu deutlicherer Niederohmigkeit, was - wie vorstehend skizziert - bei gegenkopplungsarmen Schaltungen überhaupt kein Schaden ist."

Die KT66 war die Beam-Tetrode der Wahl für Williamson- und Ultra-Linear-Verstärker. Heute wird diese 25W Röhre z.B. im TAD Auftrag in China wieder produziert. Die KT66 wurde 1937 als verbesserte 6L6 entwickelt und im H2S Radar eingesetzt, siehe Mullard.org. Wie die 6L6 ist die KT66 eine eher hochohmige Röhre in Trioden-Schaltung mit Ri=1300 Ohm. Die KT66 braucht mit 6,3 Volt und 1,27 Ampere weniger Heizleistung als die EL34 mit 6,3 Volt und 1,5 Ampere. Das q3 Modell zeigt hohe Linearität:

.SUBCKT KT66 A G2 G K
* G3=K, Marconi Datenblatt Version 2024-07-20
* q3 Modell Triode Vg=0V, -50V Pentode Vg=-8V
.param mu=8
.param S=1.16m Vc=1.50 q=1.01 dS=-0.04m
.param B=0.115 n=0.86
.param Vw=-513m Vo=86.2m Io=12.2m
.func f(Vg,Va) {(S+dS*sqrt(uramp(-Vg)))*(Va**q/mu+Vg+Vc)**1.5} ; Va ist Vg2
.func Ia(Vg,Vg2,Va) {f(Vg,Vg2)*Va**n/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func Ig2(Vg,Vg2,Va) {f(Vg,Vg2)*B*Vg2**n/(Va**n+B*Vg2**n)}
.func Igp(Vg) {Io*exp(Vg/Vo)}
Cg    G    K    16.0p
Ca    A    K    11.5p
Cag   A    G    1.1p
Ba    A    K    I=Ia(V(G,K),V(G2,K),V(A,K))
Bg2   G2   K    I=Ig2(V(G,K),V(G2,K),V(A,K))
Bg    G    K    I=if(V(G,K)<Vw,Igp(V(G,K)),100n) ; keine Stromverteilung mit Anode, Schirmgitter
.ENDS


Zusammenfassung Elektronenröhre Modelle

Die van der Bijl Formel von 1920 und die Tank Formel von 1922 sind im Jahr 2024 immer noch der Kern meiner Elektronenröhre Modelle. Mich erstaunt das tiefe Verständnis der beiden Herren. 1922 war weder die Pentode noch die Beam Tetrode entwickelt! Meine neuen Parameter q und dS lassen sich gut und "rückwirkungsfrei" in die alten Formeln einbauen. Die Simulation erfolgt schnell und gut. Ich bin mit meinen Modellen zufrieden. Dank potenzielle Regression in LibreOffice Calc kann jeder aus Datenblatt oder Trace selbst Modelle bauen. Hier einige Rechenblätter:

ECC81Rechenblatt q3 Modell
E83CC Rechenblatt q3 Modell
E88CC Rechenblatt q3 Modell
PCC88 Rechenblatt q3 Modell
ECC99 Rechenblatt q3 Modell
E84L Rechenblatt q3 Modell
EL86 Rechenblatt q3 Modell
PL508 Rechenblatt q3 Modell
KT66 Rechenblatt q3 Modell

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